Rn 2
Voraussetzung für die Ermessensentscheidung betreffend die Anwendung des vereinfachten Verfahrens ist, dass der Streitwert 600 EUR nicht übersteigt. Es handelt sich hierbei um den Zuständigkeitsstreitwert gem § 2 ff (LG Mainz Urt v 17.7.12 – 6 S 31/12), und zwar zunächst um den bei Einreichung der Klage (§ 4 I). Bei einer späteren Änderung ist zu unterscheiden: Bei unverändertem Streitgegenstand sind sowohl eine Verringerung als auch eine Steigerung des Streitwerts wegen § 4 I unbeachtlich. Das gleiche gilt für Hilfsaufrechnungen (allgM, vgl etwa Zö/Herget Rz 5 mwN). Bei einer Änderung des Streitgegenstandes, etwa aufgrund einer Klageänderung oder Klageerweiterung mit der Folge einer Wertsteigerung einerseits, bzw einer Teilrücknahme der Klage, einer Teil-Erledigung oder des Erlasses eines Teilurteils mit der Folge einer Verminderung des Wertes andererseits, wird im ersteren Fall das vereinfachte Verfahren gem § 495a kraft Gesetzes ex nunc unstatthaft, im letzteren Fall eröffnet (hM, vgl etwa Musielak/Wittschier Rz 4 mwN; aA Schneider ZAP Fach 13, 199, 200 für Streitwertminderungen). Entsprechendes gilt auch bei einer Streitwertänderung in den Fällen von Verbindung (§ 147) oder Trennung (§ 145) des Verfahrens. Widerklagen führen, weil gem § 5 Hs 2 insoweit grds keine Wertaddition stattfindet, erst ab einem Streitwert der Widerklage selbst von über 600 EUR zu einer Unanwendbarkeit von § 495a für das Verfahren insgesamt (vgl etwa MüKoZPO/Deubner Rz 8; aA Zimmermann Rz 2).
Rn 3
Bei einem nachträglichen Wegfall der Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens kann der Amtsrichter die bisherigen Ergebnisse des Verfahrens weiter verwenden. Ab dem Wegfall muss die Sache dann im ordentlichen Verfahren weiterbetrieben werden (B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 5; MüKoZPO/Deubner Rz 10). Die fehlerhafte Durchführung des vereinfachten Verfahrens trotz Nichtvorliegens seiner Voraussetzungen ist gem § 295 I heilbar (B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 6). Im Berufungsverfahren wäre ein entsprechender Verstoß nur beachtlich, wenn er für die angegriffene Entscheidung auch erheblich geworden wäre (§ 520 III S 2 Nr 2). Eine isolierte Anfechtung der amtsgerichtlichen Streitwertfestsetzung kommt nach ganz überwiegender Ansicht nicht in Betracht, da die Festsetzung den Zuständigkeitsstreitwert betrifft. In Betracht kommt insoweit eine Inzidentkontrolle in der Berufungsinstanz, die an die erstinstanzliche Wertfestsetzung nicht gebunden ist (vgl dazu etwa Köln MDR 10, 231 mwN, LG Dortmund NJW-RR 06, 1222 [LG Dortmund 24.02.2006 - 2 T 1/06]; aA LG München I NJW-RR 01, 1222 – insoweit beachte aber Rn 14 zur Frage der Zurückverweisung).