Gesetzestext
(1) Mit der Zustellung der Klageschrift oder des Protokolls über die Klage ist der Beklagte darüber zu belehren, dass eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist.
(2) Mit der Aufforderung nach § 276 ist der Beklagte auch über die Folgen eines schriftlich abgegebenen Anerkenntnisses zu belehren.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift dient der Information und insb ihr Abs 2 auch dem Schutz der beklagten Partei.
B. Anwendungsbereich.
I. Rechtsanwalt.
Rn 2
Gemäß Abs 1 ist eine Belehrung der beklagten Partei anlässlich der Klagezustellung darüber vorgeschrieben, dass eine anwaltliche Vertretung im Prozess vor dem AG nicht zwingend notwendig ist. Dies gilt sowohl für die Einleitung des Verfahrens gem § 275, als auch für das schriftliche Vorverfahren gem § 276 und ebenfalls das vereinfachte Verfahren nach § 495a. Keine Belehrung erfolgt wegen des fortbestehenden Anwaltszwangs gem § 114 I 1 FamFG (früher: § 78 II aF) in den dort genannten familiengerichtlichen Streitigkeiten. Ist die Belehrung versäumt worden, kann sie jederzeit nachgeholt werden.
II. Anerkenntnis.
Rn 3
Im Falle der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens ist gem Abs 2 vor den Amtsgerichten zusätzlich zu den Belehrungen nach §§ 276 II, 277 II eine weitere Belehrung über die Folgen eines schriftlich abgegebenen Anerkenntnisses – insb die Möglichkeit des Erlasses eines Anerkenntnisurteils ohne mündliche Verhandlung gem § 307 S 2 – vorgeschrieben. Diese Belehrung hat frühestmöglich, nämlich zusammen mit der Aufforderung nach § 276 I 1 zu erfolgen, kann jedoch ohne weiteres auch nachgeholt werden. Zweckmäßigerweise sollte sie bereits Bestandteil der entsprechenden richterlichen Verfügung sein. Darüber hinausgehende Belehrungen, etwa hinsichtlich der Kostenfolge eines sofortigen Anerkenntnisses gem § 93, sind nicht notwendig, auch wenn dies regelmäßig in den Fällen, in denen § 93 einschlägig wäre, dem mit der Belehrungspflicht verfolgten Schutzzweck – im Hinblick auf eine Vermeidung von Kosten auf Beklagtenseite – entspräche. Die Belehrung hat grds unabhängig davon zu erfolgen, ob der Beklagte bereits anwaltlich vertreten ist oder nicht.
C. Rechtsfolgen.
Rn 4
Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht in Abs 1 sind nicht ersichtlich. Die Annahme einer eventuellen Amtshaftpflicht (so MüKoZPO/Deubner Rz 12) geht sicherlich zu weit, würde wohl auch in der Praxis nie zur Geltung kommen. Ein Schaden der rechtsunkundigen Partei durch Vertretung seitens eines Rechtsanwaltes ist schlechterdings nicht vorstellbar, da die entsprechende rechtskundige Vertretung insoweit regelmäßig einen Vorteil darstellen dürfte; bei einer rechtskundigen Partei dagegen fehlte es bereits an einer haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden, jedenfalls dürfte dann ein überwiegendes Mitverschulden vorliegen.
Rn 5
Fehlt es dagegen an einer Belehrung gem Abs 2, ist dem Gericht das Vorgehen nach § 307 S 2, der Erlass eines Anerkenntnisurteils im schriftlichen Vorverfahren, verwehrt (hM, vgl etwa St/J/Leipold Rz 7; Zö/Herget Rz 3 mwN; aA B/L/H/A/G/Bünnigmann Rz 5 mwN, wobei hier nach dem Schutzzweck der Vorschrift auch durchaus differenziert werden könnte zwischen einem schriftlichen Anerkenntnis durch die anwaltlich vertretene Partei und die nicht anwaltlich vertretene Partei; erstere wäre nicht im selben Maße schutzwürdig wie letztere). Die Zulässigkeit des Erlasses eines Anerkenntnisurteils in der mündlichen Verhandlung bleibt hiervon jedoch unberührt, ebenso der Erlass eines Anerkenntnisurteils gem § 307 S 2 für den Fall, dass etwa das Gericht nach erfolgtem schriftlichen Anerkenntnis des nicht anwaltlich vertretenen Beklagten die Belehrung nachgeholt und den Beklagten unter Fristsetzung zur Stellungnahme über die Aufrechterhaltung des erfolgten Anerkenntnisses aufgefordert hat und eine weitere Stellungnahme des Beklagten nicht innerhalb der Frist erfolgt ist.
D. Rechtsmittel.
Rn 6
Rechtsmittel gegen ein vom Amtsrichter entgegen den dargelegten Grundsätzen unzulässigerweise erlassenes Anerkenntnisurteil gem § 307 ist grds die Berufung. Diese würde auch nicht an den Präklusionsvorschriften gem §§ 529, 531 scheitern. Die fehlende Belehrung wäre insoweit ein Verfahrensmangel iSd § 531 II 1 Nr 2. Zur Vermeidung des Verlustes einer Tatsacheninstanz für die Parteien wird in analoger Anwendung von § 538 II 1 Nr 6 auch eine Zurückverweisung in Frage kommen.