Rn 10
Für den Gerichtskostenvorschuss in erster Instanz bleibt die Hilfsaufrechnung generell unberücksichtigt. Eine Werterhöhung bei Hilfsaufrechnung setzt die nach § 322 II ZPO der Rechtskraft fähige verneinende Sachentscheidung über eine hilfsweise zur Aufrechnung gestellte, bestrittene Gegenforderung voraus; unerheblich ist, ob die Existenz der Gegenforderung verneint oder ihr Erlöschen infolge der Aufrechnung bejaht wird (§ 322 Rn 66). Entsprechendes gilt für die Einbeziehung einer Hilfsaufrechnung in den gerichtlichen Vergleich (Ddorf FamRZ 10, 1934); diese führt in der sich aus § 45 I 2 GKG, § 322 II ergebenden Grenze zur Werterhöhung (Anders/Gehle/Kunze S 314 Rz 16). Für den außergerichtlichen Vergleich gilt dies nach hM nicht (Karlsr MDR 13, 424). Der Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung (vor oder in dem Rechtsstreit) ist unerheblich (BGH WM 92, 627; München NJOZ 17, 1490); sie muss nur in der mündlichen Verhandlung vorgetragen werden. Greift die Hauptverteidigung des Beklagten durch, bleibt die Gegenforderung unbeachtet (Frankf JurBüro 91, 1387); Gleiches gilt, wenn der Bekl vor der Entscheidung auf die Hauptaufrechnung übergeht (OLGR Hambg 09, 163; Stuttg NJW 11, 540). Es muss sich um eine echte Aufrechnung handeln, nicht lediglich um eine verdeckte anderweitige Verteidigung wie etwa die bloße Verneinung der Klageforderung, eine Mängelrüge oder ein Zurückbehaltungsrecht. Das setzt Eigenständigkeit der Gegenforderung voraus (BGH NJW 73, 146: ›Aufrechnung‹ des Bürgen mit Gegenforderung des Schuldners; Nürnbg JurBüro 00, 80: Vertragsstrafe; NJW-RR 18, 1338: Schadensersatzanspruch gegen Gebührenanspruch); Hamm JurBüro 05, 541: Schadensersatz wegen Verzuges); sind die Forderungen wirtschaftlich identisch, findet keine Werterhöhung statt (BGH JurBüro 10, 368; Hamm NJW-RR 06, 456; Stuttg NJW 11, 540: Einwand fehlender Abnahme und Hilfsaufrechnung wegen Mängeln im Werklohnprozess; KG NJW-RR 15, 319: Einwand gegen Fälligkeit und Mängelrüge im Werkvertrag); s.a. Rn 5); ist zB eine Gegenforderung bereits im Kontokorrent enthalten, dessen Saldo eingeklagt wird, liegt Identität vor (Stuttg JurBüro 12, 363). Ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten enthält eine verneinende Sachentscheidung über die Gegenforderung (aA für VU in Berufung KGR 08, 1008). Die Hilfsaufrechnung eines Streitgenossen führt nur im Verhältnis zu diesem zu einer Werterhöhung (BGH NJW 67, 2162); die aA (KG MDR 09, 586; Zö/Herget § 3 Rz 16.26 Aufrechnung) verkürzt das § 45 III GKG, § 39 III FamGKG innewohnende Angreiferprinzip (§ 3 Rn 4). Der Hilfseinwand des Bürgen, der Hauptschuldner habe aufgerechnet, führt nicht zur Werterhöhung, weil hierauf keine rechtskraftfähige Entscheidung über die Gegenforderung ergeht (BGH NJW 73, 146 für Beschwer; aA Zö/Herget § 3 Rz 16.26 Aufrechnung: Analogie zu § 45 III GKG).
Keine Werterhöhung ergibt sich bei Unzulässigkeit der Aufrechnung, sei es aus prozessualen (BGH NJW 01, 3616: zu § 322 II ZPO; OLGR Hamm 99, 178: Zurückweisung als verspätet), sei es aus materiell-rechtlichen Gründen (BGH MDR 09, 1251; Dresd JurBüro 03, 475: fehlende Gleichartigkeit). Die Verneinung der Gegenforderung mangels hinreichender Substantiierung ist demgegenüber eine nach § 45 III GKG werterhöhende Sachentscheidung (Kobl JurBüro 02, 197); für die Abgrenzung zur nicht hinreichend bestimmten und daher prozessual unzulässigen Aufrechnung kommt es nach Erlass eines Urteils auf den Inhalt der Entscheidungsgründe an, nicht auf die ›wahre‹ Rechtslage (BGH NJW 94, 1538 [BGH 24.02.1994 - VII ZR 209/93]). Bei fehlender Gegenseitigkeit tritt die Werterhöhung nach § 45 III GKG ein, weil das Nichtbestehen der Forderung jedenfalls ggü dem Kl festgestellt wird (Nürnbg BauR 01, 961; St/J/Roth § 5 Rz 63d). Auch für die Anwaltsgebühren ist ohne Sachentscheidung über die Hilfsaufrechnung kein erhöhter Wert festzusetzen (BGH NJW 09, 231; Hamm JurBüro 07, 204; aA OLGR Jena 08, 883; s.a. Rn 9; ebenfalls aA Zö/Herget § 3 Rz 16 Aufrechnung mit der praxisfernen Einschränkung, hierdurch entstehende Mehrkosten seien nach § 91 nicht erstattungsfähig).