Gesetzestext

 

Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.

A. Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Norm gilt uneingeschränkt nur für den Zuständigkeits- und den Bagatellstreitwert. Beim GeS gehen §§ 39 ff, 48 ff GKG, §§ 33 ff FamGKG, nach § 23 I 1 RVG auch für die Rechtsanwaltsgebühren, als speziellere Regelungen vor, namentlich §§ 41 III, 44, 45 I und III, 48 IV GKG, §§ 33 I 2, 38, 39 I und III FamGKG. Für den ReS gilt Hs 1 mit der Maßgabe, dass eine Wertaddition nur für das jeweilige Rechtsmittel einer Partei stattfindet, nicht hingegen für die Werte wechselseitig eingelegter Rechtsmittel (vgl BGH NJW 81, 578 [BGH 28.10.1980 - VI ZR 303/79]; NJW-RR 06, 717; 1097 [BGH 11.05.2006 - VII ZR 131/05]; offengelassen in NJW-RR 04, 638); deren Addition findet nur für den GeS statt. Für das familienrechtliche Verbundverfahren vgl § 44 FamGKG (Schulte-Bunert/Weinreich/Keske § 44 FamGKG).

B. Wertaddition.

I. Mehrere Ansprüche.

1. Streitgegenstand.

 

Rn 2

Grundvoraussetzung der Wertaddition ist für alle Streitwertarten das Vorliegen verschiedener prozessualer Streitgegenstände (BGH AnwBl 76, 339; NJW-RR 91, 186; Ddorf NJW-RR 00, 1594 [OLG Düsseldorf 23.11.1999 - 10 W 124/99]). Maßgeblich sind insoweit die allg Grundsätze (Einl Rn 14 ff; St/J/Roth § 5 Rz 6). Die mehrfache Begründung desselben prozessualen Anspruchs, sei es in rechtlicher, sei es in tatsächlicher Hinsicht (Hilfsvorbringen), führt nicht zur Annahme mehrerer Streitgegenstände (BGH NJW-RR 97, 1374 [BGH 04.07.1997 - V ZR 48/96]; 03, 713 aE; NJW 04, 1252, 1254 [BGH 19.11.2003 - VIII ZR 60/03]; 05, 748 [BGH 09.12.2004 - III ZR 263/04]) und damit auch nicht zur Wertaddition. Unerheblich ist, ob die Ansprüche vermögens- oder nichtvermögensrechtlicher Art sind (beachte aber § 48 III GKG [IV aF], und Rn 5 aE). Für den GeS sind mehrere Ansprüche auch dann zu addieren, wenn sie hintereinander geltend gemacht werden (München NJW-RR 17, 700 [OLG München 13.12.2016 - 15 U 2407/16]).

2. Zusammentreffen.

 

Rn 3

Mehrere Ansprüche müssen zum Zeitpunkt der auf die Wertfestsetzung aufbauenden Folge, zB einer Verweisung nach § 506 I ZPO, gleichzeitig geltend gemacht werden. Ob es sich um anfängliche oder nachträgliche Anspruchshäufung oder um das Ergebnis einer zulässigen Prozessverbindung nach § 147 ZPO handelt, ist unerheblich. Die Klagenhäufung muss prozessual zulässig sein, beachte insb §§ 578 II, 610 II, 640c I 1 ZPO; nur in einem Streit um die Zulässigkeit der Klagenhäufung sind die Einzelwerte zu addieren. Für die örtl Zuständigkeit bleibt es grds bei der perpetuatio fori (§ 147 Rn 6, § 506 Rn 3, jew auch zu Ausnahmen; Ddorf AGS 11, 86 [OLG Köln 11.10.2010 - 17 W 141/10]; Schlesw SchlHA 12, 263; aA Celle MDR 2015, 912 [BGH 10.03.2015 - VI ZB 28/14]: Addition auch bei sukzessiver Geltendmachung). Für den ReS sind die Ansprüche von Streitgenossen zu addieren (BGH WM 15, 1669 = NJW 15, 2816 [BGH 23.07.2015 - XI ZR 263/14]).

Führen Klageänderungen wie die Klageermäßigung oder Teilerledigung einhergehend mit einer Klageerweiterung nicht zur Änderung der Gesamtforderung, bleibt es hM nach beim bisherigen Streitwert (Frankf Dresd JurBüro 07, 315; Frankf NJW-RR 09, 1078; Ddorf JurBüro 10, 648; Stuttg MDR 12, 314). Für die anwaltliche Prozessgebühr wird insoweit vertreten, die Werte nicht gleichzeitig rechtshängig gewesener Streitgegenstandsanteile seien zu addieren (vgl OLGR Hamm 07, 324; KG MDR 08, 173 [KG Berlin 27.08.2007 - 8 W 53/07]; OLGR Celle 08, 630); dem ist zuzustimmen, allerdings müssen die Auswirkungen auf die Kostenentscheidung bedacht werden. Der Parteiwechsel hat als solcher keine Wertaddition zur Folge (München NJW-RR 18, 575 [OLG München 05.02.2018 - 29 W 1855/17]), ebenso wenig der Klagewechsel, jedenfalls bei Beendigung des Rechtsstreits vor Klärung der Zulässigkeit (Karlsr JurBüro 16, 423). Verbindung in der Rechtsmittelinstanz führt nur bei willkürlicher Verfahrenstrennung durch das Vordergericht zur Addition der ReS (BGH NJW 00, 217 [BGH 20.07.1999 - X ZR 139/96]).

II. Wirtschaftliche Identität.

 

Rn 4

Die Norm ist teleologisch dahin zu reduzieren, dass die wirtschaftliche Identität mehrerer Streitgegenstände der Wertaddition entgegensteht (BGH NJW-RR 91, 186), so dass nur der höchste Einzelwert maßgeblich ist (Zweibr JurBüro 88, 232). Addition setzt das Vorhandensein selbstständiger wirtschaftlicher Werte voraus (Saarbr JurBüro 20, 302; Frankf JurBüro 06, 538). Bei Teilidentität werden die sich überlappenden Teile nur einfach angesetzt (BGH NJW-RR 92, 698; 06, 1004; Stuttg DB 01, 1549). Der NZB kommt neben einer zugleich eingelegten Revision kein eigenständiger Wert zu (BGH MDR 15, 295).

1. Fälle von Identität.

 

Rn 5

Abänderungsklage des Schuldners und Klage auf Rückzahlung des dennoch geleisteten Unterhalts (Hambg FamRZ 98, 311; Köln FamFR 10, 351 = FamRZ 10, 1933), Klage auf Abnahme oder auf Feststellung des Annahmeverzugs neben einer Klage, bei der die Erbringung der Leistung Zug um Zug angeboten wird (BGH NJW-RR 10, 1295 [BGH 06.07.2010 - XI ZB 40/09]; NJW-RR 20, 1517 [BGH 13.10.2020 - VIII ZR 290/19]; OLGR Karlsr 04, 388; KG MDR 05, 898 [KG B...

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