Rn 7
Die Regelung in Abs 4 verleitet zu der Annahme, dass es sich bei der Berufungsschrift um einen vorbereitenden Schriftsatz iSd §§ 129 ff handelt. Das ist jedoch nicht richtig. Da sie nicht lediglich ein künftiges Vorbringen der Partei ankündigt, sondern eine Prozesserklärung mit unmittelbarer Verfahrenswirkung enthält, ist die Berufungsschrift ein sog bestimmender Schriftsatz. Deshalb gehört zu ihrer Formwirksamkeit die eigenhändige Unterzeichnung durch einen bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt; mit der Unterschrift wird nachgewiesen, dass der Unterzeichner die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernimmt; außerdem soll sie den Urheber der Berufungsschrift identifizieren und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, diese bei dem Berufungsgericht einzureichen (BGH NJW 12, 1269, 1270).
Rn 8
Das Fehlen einer Unterschrift unter der Berufungsschrift kann beim Vorliegen besonderer Umstände ausnahmsweise unschädlich sein, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten ebenso eindeutig wie aus der Unterschrift ergibt, wer den Schriftsatz verfasst hat und dass er von diesem Urheber willentlich dem Berufungsgericht übermittelt worden ist (BGH NJW 05, 2086, 2088 [BGH 10.05.2005 - XI ZR 128/04]). Das ist zB der Fall, wenn zwar nicht die Berufungsschrift, wohl aber in deren gleichzeitig eingereichter beglaubigter Abschrift der Beglaubigungsvermerk von dem Rechtsanwalt unterschrieben ist (BGH AnwBl 18, 420), auch wenn die letzte Seite der Berufungsschrift mit der Unterschrift fehlt (BGH NJW 09, 2311 [BGH 07.05.2009 - VII ZB 85/08]), oder wenn ein von dem Rechtsanwalt unterzeichnetes Begleitschreiben fest mit der nicht unterschriebenen Berufungsschrift verbunden ist (BGH NJW-RR 99, 855f). Solche zweifelsfreien Anhaltspunkte müssen dem Berufungsgericht allerdings vor dem Ablauf der Berufungsfrist vorliegen (vgl BGH NJW 05, 3773, 3774 [BGH 11.10.2005 - XI ZR 398/04]).
Rn 9
Die Unterzeichnung der Berufungsschrift durch einen anderen als den von der Partei beauftragten Rechtsanwalt ist ausreichend, wenn er bei dem Berufungsgericht postulationsfähig ist und durch einen Vertretungszusatz (zB ›für‹ oder ›iV‹) zu erkennen gibt, dass er als Unterbevollmächtigter des Prozessbevollmächtigten eigenverantwortlich gehandelt hat (BGH NJW 03, 2028 [BGH 31.03.2003 - II ZR 192/02]). Daran fehlt es, wenn der Rechtsanwalt nur als Erklärungsbote des Prozessbevollmächtigten (›iA‹) tätig wird (BGH WM 88, 89); es sei denn, dass er zu den Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers gehört, wie das bei der Beauftragung einer Sozietät regelmäßig der Fall ist (BGH NJW-RR 12, 1269, 1270 [BGH 20.06.2012 - IV ZB 18/11]). Auch ohne die Beifügung eines Vertreterzusatzes ist die Form gewahrt, wenn sich aus den dem Berufungsgericht bis zum Ablauf der Berufungsfrist (§ 517) erkennbaren Umständen das Handeln als Vertreter hinreichend deutlich ergibt, zB aus einer Sozietätsangabe (BGH NJW-RR 95, 950).
Rn 10
Die Lesbarkeit der Unterschrift des Rechtsanwalts ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Berufungsschrift; es reicht aus, wenn der Schriftzug die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnet, individuelle und entsprechend charakteristische, die Nachahmung erschwerende Merkmale aufweist, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und trotz flüchtiger Niederlegung und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet die Absicht der vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (BGH MDR 15, 606 [BGH 03.03.2015 - VI ZB 71/14]). Namensabkürzungen und Paraphen reichen dagegen nicht aus (BGH GrundE 08, 539). Die Unterzeichnung mit nur einem Namen eines Doppelnamens genügt, wenn die Identität des Unterzeichners eindeutig ist (BGH NJW 96, 997).
Rn 11
Wird die Berufungsschrift nicht als dieses Schriftstück, sondern in anderer Form dem Berufungsgericht übermittelt (Rn 2), fehlt notwendigerweise eine Originalunterschrift sowohl auf dem bei Gericht eingehenden als auch ggf auf dem bei dem Prozessbevollmächtigten ausgehenden Schriftsatz. Gleichwohl ist die Berufung wirksam eingelegt, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind (GemS-OGB BGHZ 144, 160 ff): Bei der Berufungseinlegung per Telegramm ist aus technischen Gründen die eigenhändige und handschriftliche Unterzeichnung der Berufungsschrift nicht möglich, so dass für die Zulässigkeit dieser Übermittlungsart allein die auf Veranlassung des Absenders am Empfangsort erstellte, für den Adressaten bestimmte Telegrammurkunde maßgeblich ist, ohne dass es darauf ankommt, ob diese auf einer Urschrift beruht, die am Absendeort aufgenommen und vom Erklärenden unterzeichnet worden ist mit der Folge, dass auch eine telefonische Telegrammaufgabe zugelassen ist; dasselbe gilt für die Übermittlung der Berufungsschrift mittels Fernschreiben, wenn es unmittelbar von der Fernschreibstelle des Berufungsgerichts aufgenommen wird und den Namen des Erklärenden enthält; bei der Übermittlung durch elektronische Übertragung einer Textdatei auf ein Faxgerät des Berufungsgerichts (Computerfax) gen...