Rn 35
Nach § 513 I Alt 1 kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht. Dem entsprechend müssen in der Berufungsbegründung zunächst die Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Da eine Rechtsverletzung für sich genommen nicht zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils führt, sondern nur dann, wenn dieses auf ihr beruht, muss der Berufungskläger auch darlegen, aus welchen Gründen die Rechtsverletzung für den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens ursächlich ist (vgl BGH NJW-RR 08, 1308 [BGH 27.05.2008 - XI ZB 41/06]).
Rn 36
Notwendig ist die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger angreift und welche Gründe er ihnen entgegensetzt; die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm ist entbehrlich, soweit aus den mitgeteilten Rechtsansichten deutlich wird, worin der Rechtsfehler liegen soll (BGH NJW 06, 142, 143 [BGH 08.06.2005 - XII ZR 75/04]). Allgemeine, pauschale oder formelhafte Ausführungen (BGH NJW-RR 02, 209, 210 [BGH 18.09.2001 - X ZR 196/99]) reichen ebenso wenig aus wie die Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags (BAG NJW 05, 1884 [BAG 10.02.2005 - 6 AZR 183/04]). Demnach muss die Berufungsbegründung jeweils auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urt für unrichtig hält; eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will (BGH NJW 12, 3581, 3582 [BGH 31.05.2012 - I ZR 45/11]).
Rn 37
Neben dem materiellen Recht kann die Rechtsverletzung auch das Prozessrecht betreffen. An die entsprechenden Angriffe sind keine erhöhten Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist es nicht notwendig, die verletzte Verfahrensnorm zu nennen. Auch muss der Berufungskläger, wenn er das Übergehen von Vortrag und/oder Beweisangeboten rügt, nicht aufzeigen, an welcher Stelle in den Akten der Vortrag oder das Beweisangebot steht (BGHZ 158, 269, 277). Höher sind die Anforderungen bei der Rüge der Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 139); hierbei muss genau dargelegt werden, was der Berufungskläger bei Erteilung des Hinweises vorgetragen hätte (BGH NJW-RR 04, 495, 496 [BGH 09.10.2003 - I ZR 17/01]). Wird die Berufungsbegründung auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützt (Art 103 Abs 1 GG), ist grds darzulegen, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen erstinstanzlichen Entscheidung geführt hätte (BGH MDR 20, 687, 688); das gilt auch für die Rüge der Verletzung von § 285 I (BGH NJW 16, 2890f [BGH 28.07.2016 - III ZB 127/15]).
Rn 38
Die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung materiellen Rechts muss durch die Darlegung einer Rechtsansicht aufgezeigt werden, die nach Ansicht des Berufungsklägers zu einem anderen Ergebnis als dem des angefochtenen Urteils führt; die Schlüssigkeit der Berufungsgründe ist nicht erforderlich (BGH NJW 06, 142, 143 [BGH 08.06.2005 - XII ZR 75/04]), ebenso wenig die rechtliche Vertretbarkeit der Rechtsansicht (BGH NJW 03, 3345, 3346).
Rn 39
Zur Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Erheblichkeit der gerügten Verletzung von Verfahrensvorschriften ergibt (Rn 34), muss der Berufungskläger darlegen, dass die erstinstanzliche Entscheidung ohne den Verfahrensfehler möglicherweise anders, nämlich zu seinen Gunsten, ergangen wäre.