1. Allgemeines.
Rn 31
Die Berufungsbegründung muss erkennen lassen, in welchen tatsächlichen oder rechtlichen Punkten der Berufungskläger das erstinstanzliche Urt für falsch hält und worauf er seine Ansicht stützt; dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, in welchen Punkten das erstinstanzliche Urt angegriffen wird und welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe eine andere rechtliche Beurteilung erfordern sollen (BGH NJW-RR 15, 756 [BGH 10.02.2015 - VI ZB 26/14]). Der Verweis auf das Vorbringen in der ersten Instanz reicht nicht aus (BGH MDR 20, 626 [BGH 11.02.2020 - VI ZB 54/19]). Damit soll eine Klarstellung und Konzentration des Streitstoffs in der Berufungsinstanz erreicht werden (BGH NJW-RR 07, 414, 415). Unerheblich ist, ob die Darlegungen des Berufungsführers schlüssig, substanziiert und rechtlich haltbar sind (BGH VersR 20, 1393).
Rn 32
Verhält sich das angefochtene Urt über einen einzigen unteilbaren Streitgegenstand, reicht es aus, wenn die Berufungsgründe nur ein Element der Urteilsbegründung betreffen. Sie müssen allerdings geeignet sein, die angefochtene Entscheidung insgesamt zu Fall zu bringen BGH MDR 15, 1260f [BGH 23.06.2015 - II ZR 166/14]). Daran fehlt es zB, wenn der unterlegene Beklagte das auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützte erstinstanzliche Urt nicht hinsichtlich aller Anspruchsgrundlagen angreift; in diesem Fall ist die Berufung unzulässig (BGH MDR 11, 933). Nicht anders ist es, wenn das die Klage abweisende Urt auf mehreren voneinander unabhängigen, selbstständig tragenden rechtlichen Erwägungen beruht; die Berufungsbegründung muss jede tragende Erwägung angreifen, anderenfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGH NJW-RR 16, 1267, 1268 [BGH 21.07.2016 - IX ZB 88/15]). Ist unklar, ob das Erstgericht die Klageabweisung auch auf eine weitere selbstständig tragende rechtliche Erwägung gestützt hat, muss die Berufungsbegründung diese nicht gesondert angreifen (BGH NJW-RR 13, 509, 510).
Rn 33
Betrifft das erstinstanzliche Urt einen teilbaren oder mehrere Streitgegenstände, müssen sich die Berufungsgründe, wenn der Berufungskläger das Urt insgesamt anfechten will, ebenso wie der bei der Verurteilung aufgrund mehrerer prozessualer Ansprüche auf jeden Teil oder Streitgegenstand erstrecken; fehlt es daran, ist die Berufung im Hinblick auf den nicht von den Berufungsgründen erfassten Teil des Urteils unzulässig (BGH MDR 20, 626 [BGH 11.02.2020 - VI ZB 54/19]).
Rn 34
Die weit verbreitete Praxis der Bezugnahme auf andere Schriftstücke ist nur eingeschränkt zulässig. Der Berufungskläger darf nicht bloß auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und Beweisantritte (BGH NJW 10, 365, 367 [BGH 18.11.2009 - XII ZR 65/09]), auf ein von ihm selbst oder von seinem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten bei dem Berufungsgericht eingereichtes Prozesskostenhilfegesuch und auf ein nicht von seinem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten unterschriebenes Schriftstück Bezug nehmen. Zulässig ist jedoch das Festhalten an einer im erstinstanzlichen Urteil zurückgewiesenen Rechtsansicht (BGH MDR 18, 1142, 1143 [BGH 07.06.2018 - I ZB 57/17]), die Bezugnahme auf ein Prozesskostenhilfegesuch des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, welches die Voraussetzungen des § 520 erfüllt, und auf den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschl des Berufungsgerichts, dessen ihm günstigen Inhalt sich der Berufungskläger zu Eigen macht. Zulässig ist auch die Bezugnahme in einem von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schriftsatz auf den Inhalt einer beigefügten, weder beglaubigten noch unterzeichneten Abschrift der Berufungsbegründungsschrift in einem Parallelverfahren (BGH NJW 10, 3661 [BGH 20.07.2010 - KZR 9/09]).
2. Rechtsverletzung (Nr 2).
Rn 35
Nach § 513 I Alt 1 kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht. Dem entsprechend müssen in der Berufungsbegründung zunächst die Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Da eine Rechtsverletzung für sich genommen nicht zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils führt, sondern nur dann, wenn dieses auf ihr beruht, muss der Berufungskläger auch darlegen, aus welchen Gründen die Rechtsverletzung für den Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens ursächlich ist (vgl BGH NJW-RR 08, 1308 [BGH 27.05.2008 - XI ZB 41/06]).
Rn 36
Notwendig ist die aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger angreift und welche Gründe er ihnen entgegensetzt; die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm ist entbehrlich, soweit aus den mitgeteilten Rechtsansichten deutlich wird, worin der Rechtsfehler liegen soll (BGH NJW 06, 142, 143 [BGH 08.06.2005 - XII ZR 75/04]). Allgemeine, pauschale oder formelhafte Ausführungen (BGH NJW-RR 02, 209, 210 [BGH 18.09.2001 - X ZR 196/99]) reichen ebenso wenig aus wie die Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags (BAG NJW 05, 1884 [BAG 10.02.2005 - 6 AZR 183/04]). Demnach muss die Berufungsbegründung jeweils auf den Streitfall zugeschn...