Gesetzestext
(1) 1Wird der Rechtsstreit nicht nach § 526 dem Einzelrichter übertragen, kann das Berufungsgericht die Sache einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung zuweisen. 2In der Kammer für Handelssachen ist Einzelrichter der Vorsitzende; außerhalb der mündlichen Verhandlung bedarf es einer Zuweisung nicht.
(2) 1Der Einzelrichter hat die Sache so weit zu fördern, dass sie in einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht erledigt werden kann. 2Er kann zu diesem Zweck einzelne Beweise erheben, soweit dies zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht wünschenswert und von vornherein anzunehmen ist, dass das Berufungsgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.
(3) Der Einzelrichter entscheidet
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über die Verweisung nach § 100 in Verbindung mit den §§ 97 bis 99 des Gerichtsverfassungsgesetzes; |
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bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs; |
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bei Säumnis einer Partei oder beider Parteien; |
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über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, sofern nicht das Berufungsgericht gleichzeitig mit der Hauptsache hierüber entscheidet; |
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über den Wert des Streitgegenstandes; |
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über Kosten, Gebühren und Auslagen. |
(4) Im Einverständnis der Parteien kann der Einzelrichter auch im Übrigen entscheiden.
A. Systematik, Zweck, Anwendungsbereich.
Rn 1
Zum Einzelrichter in der Berufungsinstanz allgemein § 526 Rn 1. Will das Kollegium die Entscheidungskompetenz behalten, erforderliche vorbereitende Maßnahmen aber nicht in voller Besetzung durchführen, so kann so kann es den Rechtsstreit insoweit dem Einzelrichter zuweisen. Der Einzelrichter hat die Sache dabei bis zur Entscheidungsreife zu fördern, insb durch Erörterung und Beweiserhebung. Hält er die Sache für entscheidungsreif, so gibt er sie an das Kollegium zurück, das die Endentscheidung trifft (Schneider MDR 03, 374 [OLG Köln 12.09.2002 - 14 WF 171/02]).
B. Zuweisung (Abs 1).
I. Voraussetzungen.
Rn 2
Eine Zuweisung an den Einzelrichter ist in jedem Stadium des Verfahrens möglich, wenn eine Übertragung nach § 526 nicht beabsichtigt ist, unabhängig davon, ob bereits vor dem Kollegium oder dem Einzelrichter verhandelt wurde oder nicht. Verhindert werden soll, dass der Rechtsstreit dem Einzelrichter zunächst nur nach § 527 und später zusätzlich nach § 526 übertragen wird. Nur eine erneute Übertragung, nicht aber eine Zuweisung ist ausgeschlossen, wenn der Rechtsstreit dem Einzelrichter zunächst nach § 526 übertragen war, dann aber wieder vom Kollegium übernommen wurde (§ 526 II 4; Musielak/Ball Rz 3). Nicht ausgeschlossen ist auch eine erneute Zuweisung nach § 527, wenn sich nach Rückgabe an das Kollegium weitere vorbereitende Maßnahmen erforderlich werden.
1. Erforderlichkeit der Vorbereitung des Rechtsstreits.
Rn 3
Erforderlich für die Zuweisung an den Einzelrichter ist zunächst, dass die Entscheidung einer Vorbereitung bedarf, die in der regulären Verhandlung vor dem Kollegium nicht erfolgen kann. Ausgeschlossen ist eine Zuweisung damit, wenn der Rechtsstreit bereits entscheidungsreif ist oder erforderliche Vorbereitungshandlungen ohne besonderen Aufwand in der mündlichen Verhandlung vor dem Kollegium vorgenommen werden können (einfache Hinweise an die Parteien oder die Vernehmung nur eines Zeugen zu einem einfachen Beweisthema; Schumann/Kramer Rz 420).
2. Entscheidungsspielraum des Einzelrichters.
Rn 4
Dem Einzelrichter nach § 527 muss nach der Zuweisung ein – wenn auch beschränkter – Entscheidungsspielraum zustehen. Soll der Einzelrichter lediglich im Detail bereits vorgegebene Prozesshandlungen (zB eine durch Spruchkörperbeschluss fixierte Beweisaufnahme) durchführen, so handelt er allenfalls als beauftragter Richter iSd §§ 375 I, 1a, 402, 451 (BGH NJW 64, 108, 109). ›Einzelne‹ Beweise erheben zu können (§ 527 II 2) beinhaltet die Befugnis des Einzelrichters, über den Umfang der erforderlichen Beweisaufnahme (tw) selbst zu entscheiden. Nicht ausgeschlossen ist damit, dass der Einzelrichter die gesamte Beweisaufnahme durchführt, eine weitere Beweisaufnahme durch das Kollegium nicht mehr stattfindet. Möglich ist dies, wenn nicht Besonderheiten des Verfahrensgegenstands entgegenstehen (etwa im Arzthaftungsprozess), dies zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht wünschenswert und vornherein anzunehmen ist, dass dieses das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgerecht würdigen kann (BGH NJW 13, 2516 [BGH 13.03.2013 - VIII ZR 49/12]).
3. Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme.
Rn 5
Ist absehbar, dass die Vorbereitung der Entscheidung eine Beweisaufnahme beinhalten wird, kommt eine Zuweisung an den Einzelrichter nur in Betracht, wenn anzunehmen ist, dass das Berufungsgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck vom Verlauf der Beweisaufnahme (§ 355) sachgemäß zu würdigen vermag (§ 527 II 2). In der Regel untunlich (BGH FamRZ 65, 212, 213; Pantle NJW 91, 1279 [BGH 13.12.1990 - IX ZR 118/90]; Schneider DRiZ 78, 335; Schultze NJW 77, 2294) ist der Einsatz des Einzelrichters bei der Vernehmung von Zeugen oder Parteien, die Augens...