Rn 21

Nicht vAw zu berücksichtigen sind Verfahrensvorschriften, auf deren Befolgung die Parteien verzichten können (§ 534 Rn 3). Hierher gehören alle den äußeren Prozessablauf betreffenden Normen, zB §§ 253, 159 f, 166, 271, 274, 283, 311 ff, 355 ff, 377. Nicht verzichtbar sind Normen, die den Inhalt von Partei- oder Gerichtshandlungen betreffen, insb die vAw zu berücksichtigenden Prozessvoraussetzungen (dazu § 532), Vorschriften, die die Öffentlichkeit der Verhandlung oder das rechtliche Gehör gewähren sollen. Unerheblich ist, ob die Verletzung der Norm durch das Gericht oder durch den Dritten erfolgte.

 

Rn 22

Eine Rüge nach § 529 II 1 wird regelmäßig vom Berufungskläger erhoben. Sie darf sich nicht in der pauschalen Beanstandung des erstinstanzlichen Verfahrens oder einer Bezugnahme auf das dortige Vorbringen erschöpfen, sondern muss das inkriminierte Verhalten konkret erkennen lassen. Eine Benennung der verletzten Norm ist nicht erforderlich. Genügen kann bereits die Bezeichnung der konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Tatsachenfeststellung begründen (§ 520 III Nr 3). Die Rüge muss in der Berufungsbegründung enthalten sein. Wird die Rüge ausnahmsweise vom Berufungsbeklagten erhoben, kann dies in der Berufungserwiderung oder in der Anschlussberufung geschehen. Eine bloße Erwiderung auf die Rüge des Gegners ist in den Grenzen der §§ 525, 296 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung möglich.

 

Rn 23

In zweiter Instanz sind neue verzichtbare Verfahrensrügen nach § 529 II 1 ausgeschlossen. Sie unterliegen der Beschränkung des § 530, wobei es für die Frage, ob die Zulassung neuen Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, auf den Zeitpunkt ankommt, in dem ohne das neue Vorbringen der Zurückweisungsbeschluss (nicht etwa ein späteres Berufungsurteil) ergehen könnte (München WM 15, 2139).

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