Gesetzestext

 

Wird in einem Rechtsstreit eine prozessfähige Person durch einen Betreuer oder Pfleger vertreten, so steht sie für den Rechtsstreit einer nicht prozessfähigen Person gleich.

A. Normgegenstand.

 

Rn 1

Betreuung (§§ 1896 ff BGB) und Pflegschaft (§§ 1909 ff BGB) schränken Geschäfts- und Prozessfähigkeit des Betroffenen grds nicht ein. Falls kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist (§ 1903 BGB), können Betreute und Abwesende klagen und verklagt werden (BGH NJW 88, 49, 51). Der Gefahr, dass der gesetzliche Vertreter und der Betreute bzw Abwesende einander widersprechende Rechtshandlungen vornehmen, sucht § 53 zu begegnen. Die Vorschrift beseitigt den Konflikt in der Weise, dass im Interesse einer sachgerechten und einheitlichen Prozessführung der Vertretene verdrängt und die Prozessführung allein dem gesetzlichen Vertreter übertragen wird (BGHZ 41, 303, 306 = BGH NJW 64, 1855; BGH NJW 88, 49, 51; München NJW 20, 159 Rz 35).

B. Regelungsbereich.

 

Rn 2

Die Bestimmung gilt für die Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt (§ 1896 BGB) sowie die Pflegschaft für Abwesende (§ 1911 BGB) und unbekannte Beteiligte (§§ 1913, 1960 BGB), sofern sich der Aufgabenkreis des gesetzlichen Vertreters auch auf die Prozessführung erstreckt. Bei einer Vertreterbestellung nach §§ 494 II und 779 II ist § 53 entsprechend anwendbar. Die Vorschrift begünstigt hingegen nicht den gem § 57 bestellten Vertreter, so dass der vermeintlich Prozessunfähige selbstständig seine Prozessfähigkeit geltend machen (BSG NJW 94, 215 [BSG 05.05.1993 - 9/9a RVg 5/92]; St/J/Bork Rz 14) und Rechtsmittel einlegen kann (BGH NJW 66, 2210 [BGH 14.07.1966 - IV ZR 37/65]). Wird ein Betreuer für eine partiell geschäftsunfähige Person bestellt, findet § 53 iRe von dem Betreuer angestrengten Rechtsstreits Anwendung. Wird hingegen der Betreute selbst tätig, führt seine Prozessunfähigkeit, weil § 53 insoweit nicht einschlägig ist, zur Abweisung der Klage als unzulässig (Zö/Vollkommer Rz 3). Die Regelung des § 53 erfasst Klage und Widerklage, Nachverfahren und Kostenfestsetzung einschließlich des Vollstreckungsverfahrens und der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (BGH NJW-RR 09, 1 [BGH 14.08.2008 - I ZB 20/08]), hingegen nicht Wiederaufnahmeverfahren und Klagen nach §§ 731, 767 und 768.

C. Prozessuale Stellung der Beteiligten.

 

Rn 3

Der Vertretene bleibt, selbst wenn er die weitere Prozessführung ablehnt, so lange prozessfähig, bis der Vertreter an seiner Stelle in den Prozess eintritt (BGH NJW 88, 49, 51). Beschränkt sich der Betreuer ohne Antragstellung auf die Abgabe von Stellungnahmen, bleibt der Betreute mangels einer Vertretung in seiner Verfahrensfähigkeit unbeschränkt (Frankf NJW 14, 1393 [OLG Karlsruhe 02.12.2013 - 1 U 74/13]). Klagt der Vertreter oder tritt er in den von dem Vertretenen angestrengten Rechtsstreit ein, wird er zu dessen gesetzlichem Vertreter (§ 1902 BGB). Der Betreuer hat durch die Vorlage der Bestellungsurkunde den Nachweis seiner Bestellung zu führen (BFH BB 83, 301). Soweit die Bestellung auf einem staatlichen Hoheitsakt beruht, beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf etwaige Nichtigkeitsgründe (BGHZ 41, 104, 106 = NJW 64, 1129; BGHZ 33, 195, 201 = NJW 61, 22). Auf der Grundlage eines Insolvenzplans kann der Insolvenzverwalter nur einen bereits rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortsetzen, aber nicht einen neuen einleiten (§ 259 III InsO; BGH RR 13, 822 Rz 8, 11). Der Insolvenzplan kann die Ermächtigung auf bestimmte Verfahren beschränken (BGH RR 13, 823 Rz 5). Diese solche Befugnis kann dem Insolvenzverwalter nicht unabhängig von dem Inhalt des Insolvenzplans und einem anhängigen Verfahren durch eine Ermächtigung des Insolvenzgerichts eingeräumt werden (BGH ZInsO 10, 82, 84 Rz 12 ff). Zweifeln an der Wirksamkeit der Bestellung kann das Gericht nachgehen, indem es das Verfahren aussetzt (§ 148) und eine Entscheidung des Vormundschaftsgerichts herbeiführt (BGHZ 41, 303, 310 = NJW 64, 1855). Ferner obliegt dem Vertreter der Beweis, dass der Rechtsstreit in seinen Aufgabenbereich fällt. Geht es um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, kann der Vertreter nur tätig werden, falls sein Aufgabenkreis auch die Verwaltung des Schuldnervermögens umfasst (KG OLGZ 68, 428). Der Vertreter, dessen Prozesshandlungen Vorrang zukommt (BGH NJW 88, 49, 51; FG Ham DStR 2012, 1473), kann Prozesshandlungen des Vertretenen genehmigen, auch konkludent durch Fortsetzung des von dem Vertretenen eingeleiteten Verfahrens (BGHZ 41, 104, 106 = NJW 64, 1129; NJW 17, 2352 Rz 11). Zustellungen sind ggü dem Vertreter zu bewirken (BFH DB 83, 301 und 320). Der Vertretene, dessen Geschäftsfähigkeit unangetastet bleibt, kann freilich durch materiell-rechtliche Erklärungen, etwa den Abschluss eines Erlassvertrages, mittelbar auf den Prozess Einfluss nehmen und der Klage des Vertreters die Grundlage entziehen. Im Innenverhältnis kommt dem Willen des Vertretenen ggü dem Vertreter der Vorrang zu.

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