Rn 14

Erforderlich ist, dass die Partei (auch) aufgrund eines gerichtlich verursachten Verfahrensfehlers davon abgesehen hat, Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen. Von Bedeutung sind dabei insb Verstöße gegen die materielle Prozessleitungspflicht (§ 139; BGHZ 158, 295), sei es, dass rechtlich unzutreffende Hinweise erteilt wurden, sei es, dass (aus der Sicht des Erstgerichts) erforderliche Hinweise unterblieben oder unvollständig geblieben sind (BGH NJW 18, 2202; GE 14, 517; TranspR 13, 461; GuT 12, 120; NJW-RR 05, 213). Das Gleiche gilt, wenn die Partei keine hinreichende Gelegenheit hatte, auf einen zutreffenden Hinweis ergänzend vorzutragen (BGH NJW 18, 2202 [BGH 11.04.2018 - VII ZR 177/17]; MDR 15, 296 [BGH 01.10.2014 - VII ZR 28/13]; ZAP EN-Nr 481/2013) oder wenn die beantragte Nichtverlegung eines Termins sich als Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darstellt (BGH IBR 13, 389 [OLG Hamm 08.01.2013 - 28 U 91/12]). Hat das Gericht von dem Hinweis aufgrund einer falschen Rechtsauffassung aus seiner Sicht zutr auf einen Hinweis verzichtet, kommen nur Nr 1 oder 3 in Betracht. Ein Verfahrensfehler des Erstgerichts kann auch in der Verletzung der §§ 136 III, 273 II Nr 1, 279 III, 283 S 1, in der Verkündung einer Entscheidung vor Ablauf einer gewährten Schriftsatzfrist (BGH NJW 08, 3361), im Übergehen eines Antrags auf Anhörung eines Sachverständigen (§ 411 III; BVerfG NJW 12, 1346 [BVerfG 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10]; BGH MDR 05, 1308 [BGH 10.05.2005 - VI ZR 245/04]) oder in der Verwertung eines unvollständigen Sachverständigengutachtens liegen (BGH NJW 04, 2828 [BGH 08.06.2004 - VI ZR 230/03]). Die Befangenheit erstinstanzlicher Richter bleibt dagegen im Rahmen des § 531 II regelmäßig ohne Folgen (KG OLG Report Ost 22/13 Anm. 5). Der Verfahrensfehler wird nicht vAw festgestellt, sondern muss vom Berufungsführer gerügt werden (§ 529 II), wofür die Angabe des Berufungsgrunds nach § 520 III S 2 Nr 4 genügen kann.

 

Rn 15

Liegen die Voraussetzungen von Abs 2 Nr 2 vor, so fehlt es regelmäßig an den Voraussetzungen des § 97 Abs 2, so dass der aufgrund neuen Vorbringens obsiegenden Partei die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht auferlegt werden können (Nürnbg NJW-RR 15, 247 [OLG Nürnberg 13.10.2014 - 14 U 1533/14]).

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