Rn 30

Vortrag, der Abs 1 unterfällt, ist kraft Gesetzes ausgeschlossen, insoweit bedarf es weder einer Entscheidung des Gerichts noch steht diesem ein Ermessen zu.

 

Rn 31

Vortrag, der Abs 2 unterfällt, kann zugelassen werden. Die Tatsachen, aufgrund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen sind, müssen schon in der Berufungsbegründung angegeben werden (§ 520 III Nr 4) und sind auf Verlangen des Berufungsgerichts glaubhaft zu machen (Abs 2 S 2; § 294). Dabei genügt die floskelhafte Benennung eines Zulassungsgrunds (›erst nach dem erstinstanzlichen Urteil bekannt geworden‹) nicht aus, erforderlich sind vielmehr konkrete Tatsachen, die eine Subsumtion durch das Berufungsgericht zulassen (Saarbr Urt v 26.4.12 – 8 U 80/11). Die Entscheidung über die Zulassung oder Nichtzulassung hat das Berufungsgericht zu treffen. Eine Nachholung der Entscheidung durch das Revisionsgericht ist auch dann nicht möglich, wenn die Entscheidung versehentlich oder bewusst (ausdrückliches Dahinstehen-lassen) unterblieben ist (BGH MDR 12, 1245; NJW 06, 1741; BGHZ 166, 227). Das Berufungsgericht kann seine Zulassungsentscheidung auch nach einer Zurückverweisung durch das Revisionsgericht treffen (BGH MDR 19, 563 [BGH 27.02.2019 - VIII ZR 255/17]). Die Zulassung erfolgt in der Entscheidung über die Berufung, dh entweder dem Beschl nach § 522 II oder dem Urt nach § 540. Sie muss so ausf begründet werden, dass dem Revisions- (ggf dem Verfassungs-)gericht die Nachprüfung möglich ist. Dies gilt sowohl für die Zulassung als auch für die Nichtzulassung. Die Zulassung verhindert eine Präklusion wegen Nichtgeltendmachung in 1. Instanz, ob weitere Verspätungsvorschriften (§ 530 Rn 2) tangiert sind, bedarf der separaten Prüfung.

 

Rn 32

Neuer Vortrag, auf den eine Änderung der Klage, eine Widerklage oder eine Aufrechnung gestützt werden soll, muss neben den Voraussetzungen des § 531 II zusätzlich die Voraussetzungen des § 533 erfüllen.

 

Rn 33

Sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zulässig, können sie einer Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs 2 entgegenstehen; eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss ist nur zulässig, wenn die Berufung auch unter Berücksichtigung zulässigen neuen Vorbringens offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (BGH ZfIR 16, 765).

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