Rn 19
Werden mehrere Forderungen hintereinander zur Aufrechnung gestellt, so müssen die Voraussetzungen des § 533 für alle Aufrechnungsforderungen vorliegen (BGH NJW 00, 143).
1. Allgemeine.
Rn 20
Anders als für Klageänderung und Widerklage bedarf es für die wirksame neue Aufrechnung einer eigenen wirksamen (Anschluss-)Berufung nicht, da es sich hier lediglich um ein Angriffs- und Verteidigungsmittel handelt (oben Rn 1). Erforderlich sind indes diejenigen Voraussetzungen, die auch eine erstinstanzliche Aufrechnung in materieller und prozessualer Hinsicht erfüllen muss (dazu § 145 Rn 10 ff).
2. Besondere.
a) Einwilligung oder Sachdienlichkeit.
Rn 21
Für die nach § 533 Nr 1 erforderlichen Voraussetzungen gelten Rn 11–12 entsprechend, jedoch mit nachfolgenden Besonderheiten. Für den Fall gestaffelter Aufrechnungen müssen Einwilligung oder Sachdienlichkeit für jede Gegenforderung bejaht werden (BGH NJW 00, 143, 144). Stets sachdienlich ist die Aufrechnung mit einer bereits rechtskräftig festgestellten Forderung (Brandbg Urt v 25.10.07 – 12 U 61/07).
aa) Einwilligung.
Rn 22
Einer Einwilligung bedarf es nicht, wenn deren Verweigerung sich als rechtsmissbräuchlich erweist. Hiervon ist auszugehen beim Wechsel vom Urkunden- ins allgemeine Verfahren in der Berufungsinstanz, weil der Kl hier die Aufrechnung bislang über § 598 blockiert hat und er nunmehr das anstehende Nachverfahren vermeidet, so dass eine Aufrechnung überhaupt nicht möglich wäre (BGH NJW 00, 143, 144; MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 29). Entsprechendes kann für den Fall einer offensichtlich begründeten Aufrechnung gelten.
bb) Sachdienlichkeit.
Rn 23
Für diese ist maßgeblich, ob eine Zulassung den Streitstoff iRd anhängigen Rechtsstreits ausräumt und einen weiteren Prozess vermeidet (BGH NJW 77, 49 [BGH 04.10.1976 - VIII ZR 139/75]). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Aufrechnung schon erstinstanzlich hätte erklärt werden können. Entscheidend ist vielmehr ein tatsächlicher (nicht rechtlicher: BGH NJW 66, 1029) Zusammenhang zwischen Klage- und Aufrechnungsforderung. Die durch die Aufrechnung eintretende Verfahrensverzögerung steht der Sachdienlichkeit nicht entgegen (BGH MJW-RR 04, 1076).
cc) Feststehende Gegenforderung.
Rn 24
Der Einwilligung oder Bejahung der Sachdienlichkeit bedarf es nicht, wenn das Bestehen der Gegenforderung feststeht, weil sie unstr oder rechtskräftig festgestellt ist. In beiden Fällen ist eine Sachprüfung durch das Berufungsgericht nicht erforderlich (MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 31). Die anderweitige Rechtshängigkeit der Forderung steht einer Aufrechnung zwar nicht nach § 261 III Nr 1 entgegen, wohl aber wegen Fehlens der Sachdienlichkeit (BGH FamRZ 90, 975, 979).
b) Tatsachengrundlage.
Rn 25
Die Aufrechnung kann nur auf solche Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nach § 529 ohnehin zugrunde zu legen hat. Insoweit kann auf Rn 14 verwiesen werden.