Rn 37
Eine Zurückverweisung ist – unabhängig von der entsprechenden Rüge einer Partei auch vAw (BGH NJW 11, 2736 [BGH 11.05.2011 - VIII ZR 42/10]) – möglich in den Fällen, in denen das Erstgericht ein unzulässiges Teilurteil (§ 301) erlassen hat. Zulässig ist ein Teilurteil nur über einen selbstständig abtrennbaren Teil, dessen Entscheidung ohne Einfluss auf den nicht entschiedenen Teil ist, so dass keine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht. Zulässig ist ein Teilurteil bei der Entscheidung über einzelne selbstständige Streitgegenstände, über Auskunfts- und Schadensersatzanspruch (BGH NJW 11, 1815 [BGH 29.03.2011 - VI ZR 117/10]), über Klage- bzw Widerklageforderung oder bzgl einzelner einfacher Streitgenossen (BGH NJW-RR 12, 101 [BGH 09.11.2011 - IV ZR 171/10]). Unzulässig ist ein Teilurteil, wenn die Gefahr widersprechender Entscheidungen über Teil- und Schlussentscheidung besteht, so zB ein Teilurteil über den Hilfsantrag, solange kein Urt über den Hauptanspruch vorliegt, über materielle Ansprüche, die auf demselben tatsächlichen Geschehen beruhen (BGH NJW 16, 2662 [BGH 12.04.2016 - XI ZR 305/14]) oder über einzelne notwendige Streitgenossen (zuletzt BGH MDR 05, 46; für einfache Streitgenossen BGH MDR 18, 210 [BGH 21.11.2017 - VI ZR 436/16]). Zur Vielzahl weiterer Problemfälle § 301 Rn 2 ff, zum möglichen Wegfall der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen im Laufe des Berufungsverfahrens Ddorf NZKart 18, 477. Die Unzulässigkeit eines Teilurteils entfällt nachträglich weder dadurch, dass das Berufungsgericht die Entscheidung für materiell-rechtlich richtig hält noch durch eine nach Urteilserlass erfolgte Abtrennung des verbliebenen Rechtsstreits (Celle OLGR 09, 190).
Rn 38
Eine willkürliche Verfahrenstrennung kommt in ihren Wirkungen einem unzulässigen Teilurteil gleich und führt zur Zurückverweisung nach § 538 II 1 Nr 7; dies gilt auch dann, wenn der abgetrennte Teil bei einem anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts anhängig ist und dieser eine Zurückverweisung nicht vornimmt (München Urt v 8.4.10 – 19 U 1565/09).
Rn 39
Das unzulässige Teilurteil beruht auf einem Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts, führt aber einfacher zur Möglichkeit einer Zurückverweisung als der allgemeine Fall des § 538 II 1 Nr 1. Damit über einen einheitlichen Anspruch auf keinen Fall gleichzeitig in zwei Instanzen gestritten wird, ist anders als dort weder die Notwendigkeit einer umfangreichen oder aufwändigen Beweisaufnahme noch ein Parteiantrag erforderlich (§ 538 II 3).
Rn 40
Möglich ist eine Aufhebung und Zurückverweisung nur im Rahmen der Anfechtung (§ 528 Rz 14). Wird ein das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil verletzendes Teilurteil nur teilweise angefochten, steht einer auf diesen Verfahrensfehler gestützten Aufhebung des gesamten Teilurteils das Verbot der reformatio in peius entgegen (BGH NJW 13, 1009 [BGH 30.11.2012 - V ZR 245/11]). Nicht mehr möglich ist eine Aufhebung und Zurückverweisung, wenn über den in erster Instanz verbliebenen Rest ein Schlussurteil ergangen ist (Kobl MDR 13, 269 [OLG Koblenz 08.08.2012 - 5 U 116/12]).
Rn 41
Die Aufhebung des Teil-Urteils und dessen Zurückverweisung kann vermieden werden, wenn der beim LG noch anhängige ›Rest‹ der Klage heraufgezogen wird und eine Mitentscheidung über ihn ergeht (München AnwBl 15, 94). Dazu ist weder ein Antrag noch das Einverständnis der Parteien erforderlich (Stuttg GesR 10, 12 [OLG Stuttgart 28.05.2009 - 19 U 161/08]). Die durch ein Teilurteil bewirkte Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen kann in geeigneten Fällen auch durch eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 II) beseitigt werden, über die das Berufungsgericht gleichzeitig mit der Hauptsache entscheidet (BGH ZfBR 03, 250 [BGH 28.11.2002 - VII ZR 270/01]; Frankf NJW-RR 09, 955 [BGH 12.02.2009 - VII ZR 230/07]; Jena OLGR 09, 545; Köln VersR 73, 89; St/J/Leipold § 301 Rz 21; Zö/Heßler § 525 Rz 8).