Gesetzestext
(1) Erscheint der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist seine Berufung auf Antrag durch Versäumnisurteil zurückzuweisen.
(2) 1Erscheint der Berufungsbeklagte nicht und beantragt der Berufungskläger gegen ihn das Versäumnisurteil, so ist das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers als zugestanden anzunehmen. 2Soweit es den Berufungsantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennen; soweit dies nicht der Fall ist, ist die Berufung zurückzuweisen.
(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über das Versäumnisverfahren im ersten Rechtszug sinngemäß.
A. Systematik, Zweck, Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Folgen einer Säumnis in 2. Instanz entsprechen grds denen in 1. Instanz. Die Rechtsfolgen knüpfen dabei an die Parteistellung in 2. Instanz an. Dem Berufungskläger droht bei Säumnis unmittelbar die Zurückweisung seiner Berufung, dem Berufungsbeklagten lediglich eine Sachentscheidung ohne Berücksichtigung seines zweitinstanzlichen Vortrags.
Rn 2
Die Vorschrift gilt in allen Berufungsverfahren, auch vor dem Einzelrichter und im WEG-Verfahren. Auf das arbeitsgerichtliche Berufungsverfahren findet sie gem § 59, 64 VI, VII ArbGG entsprechende Anwendung (BAG NJW 04, 3732).
B. Allgemeine Voraussetzungen des Versäumnisurteils durch das Berufungsgericht.
I. Zulässigkeit der Berufung.
Rn 3
Eine Sachentscheidung in Form eines (echten) Versäumnisurteils kann durch das Berufungsgericht nur ergehen, wenn die Berufung zulässig ist (dazu § 522 Rn 5–7). Ist eine Partei säumig, erweist sich die Berufung indes als unzulässig, so wird sie durch kontradiktorisches Urt (sog ›unechtes Versäumnisurteil‹) verworfen (BGH NJW 01, 2095 [BGH 05.04.2001 - IX ZR 309/00]). Beruht die Unzulässigkeit auf einer Fristversäumung und war der Termin (auch) zur Verhandlung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestimmt, erfolgt die Verwerfung der Berufung in Form eines echten Versäumnisurteils, gegen das der Einspruch nicht mehr zulässig ist (§ 238 II 2; BGH NJW 69, 845, 846 [BGH 28.01.1969 - VI ZR 195/67]; aA MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 3), so dass allein noch mit der Revision vorgetragen werden kann, ein Fall der Versäumung habe nicht vorgelegen (§§ 565, 514 II). Ein (mit dem Einspruch anfechtbares) echtes Versäumnisurteil ergeht auch dann, wenn der auf Antrag des Gegners nach dem Tod einer Partei geladene Rechtsnachfolger nach Unterbrechung des Verfahrens gem §§ 239, 242 nicht erscheint; die Rechtsnachfolge wird infolge der Säumnis als zugestanden angenommen (§ 239 IV).
II. Zulässigkeit der Klage.
Rn 4
Eine Sachentscheidung über den Streitgegenstand setzt zudem nach zutr hA (BGH NJW 99, 291 [BGH 13.10.1998 - VI ZR 81/98]; Eichele/Hirtz/Oberheim/Eichele Kap 17 Rz 4; ThoPu/Reichold Rz 2, 3; aA für das Versäumnisurteil gegen den Berufungskläger MüKoZPO/Rimmelspacher Rz 7) voraus, dass die Klage (im Umfang der Anfechtung, BGH MDR 70, 1002) zulässig ist. Ist dies nicht der Fall, ergeht ein von der eventuellen Säumnis irgendeiner Partei unabhängiges kontradiktorisches Urt (›unechtes Versäumnisurteil‹). Hat das erstinstanzliche Gericht die Klage als unzulässig abgewiesen, wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen, hat das erstinstanzliche Gericht die Klage als unbegründet abgewiesen, wird die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage unzulässig sei (zur Vereinbarkeit mit dem Verschlechterungsverbot § 528 Rn 15).
III. Sonstige Voraussetzungen.
Rn 5
Nicht im Wege eines (echten) Versäumnisurteils kann über die Berufung auch dann entschieden werden, wenn das angefochtene Urt bei Beachtung der Verfahrensvorschriften nicht hätte ergehen dürfen. Dies gilt für ein unzulässiges Teilurteil (BGH LM § 540 ZPO Nr 5), für ein Urt trotz Unterbrechung des Verfahrens (Köln ZIP 94, 958) oder Wegfall der Rechtshängigkeit (Frankf OLGZ 94, 77). Hier ergeht im Wege eines unechten Versäumnisurteils durch das Berufungsgericht regelmäßig die Entscheidung, die die Vorinstanz richtigerweise getroffen hätte (Wieczorek/Schütze/Gerken § 539 Rz 12).
C. Versäumnisurteil gegen den Berufungskläger (Abs 1).
Rn 6
Dem Berufungskläger obliegt es, das von ihm eingelegte Rechtsmittel zu fördern. Kommt er dem nicht nach und ist säumig, droht ihm unabhängig vom bisherigen Vortrag der Parteien die Zurückweisung seiner Berufung.
I. Voraussetzungen.
Rn 7
Neben Zulässigkeit von Klage und Berufung (oben Rn 3, 4) setzt das Versäumnisurteil gegen den Kl voraus, dass dieser säumig ist und ein entsprechender Antrag des Beklagten vorliegt. Insoweit kann auf die Ausführungen zum erstinstanzlichen Versäumnisurteil verwiesen werden (§ 330 Rn 3 ff).
Rn 8
Beantragt der Beklagte kein Versäumnisurteil, kann – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – ein neuer Termin anberaumt (§ 227 I 1), das Ruhen des Verfahrens angeordnet (§ 251a III) oder nach Lage der Akten entschieden werden.
Rn 9
Nicht erforderlich ist, dass der Antrag auf Zurückweisung der Berufung dem Berufungskläger rechtzeitig vor dem Termin schriftlich mitgeteilt war (§ 335 I Nr 3), weil es sich dabei um einen bloßen Prozessantrag handelt (BGH MDR 65, 193). Dies gilt auch dann, wenn damit eine Änderung des eigenen erstinstanzlichen Sachantrags verbunden ist (Celle MDR 93, 686). Keine Rolle spielt auch die Begründetheit der Berufung.
II. Versäumnisurteil.
Rn 10
Das Versäum...