Gesetzestext
(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.
(2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.
(3) 1Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. 2Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf das angefochtene Urteil nur geprüft werden, wenn die Mängel nach den §§ 551 und 554 Abs. 3 gerügt worden sind.
A. Systematik.
Rn 1
§ 557 legt die Grenzen der revisionsrechtlichen Überprüfung des Berufungsurteils fest. Abs 1 regelt die Anfallwirkung iRd Anträge (vergleichbar § 528). Abs 3 bestimmt die inhaltlichen Grenzen der revisionsrechtlichen Nachprüfung, wobei § 557 III 2 eine Entsprechung zu § 529 II darstellt. Abs 2 legt entsprechend der für das Berufungsverfahren geltenden Bestimmung des § 512 fest, dass der Beurteilung des Berufungsgerichts auch diejenigen Entscheidungen unterliegen, die dem Endurteil vorausgegangen sind und im Berufungsverfahren nicht gesondert angefochten werden konnten (vgl auch Musielak/Voit/Ball § 557 Rz 1).
B. Revisionsanträge und Anfallwirkung.
I. Anfallwirkung.
Rn 2
Wie das erstinstanzliche Gericht gem § 308 I und das Berufungsgericht gem § 528 ist auch das Revisionsgericht an die Anträge der Parteien gebunden. Vergleichbar der Situation im Berufungsverfahren (vgl § 528 Rn 4) wird der Streitgegenstand grds nur insoweit zum Gegenstand des Revisionsverfahrens, als das Berufungsgericht über ihn entschieden hat (Musielak/Voit/Ball § 557 Rz 2). Das Revisionsgericht hat damit über alle in der Revisionsinstanz gestellten Anträge zu entscheiden, auch wenn sie unzulässig sind (Zö/Heßler § 557 Rz 5), jedoch nur über solche, die sich iRd Anfallwirkung halten. Was mit den Revisionsanträgen nicht angegriffen ist, kann auch dann nicht abgeändert werden, wenn es offensichtlich falsch ist (zur Berufung § 528 Rn 10). Ist nur ein Teil des Berufungsurteils angefochten, darf das Revisionsgericht nicht das ganze Berufungsurteil aufheben, auch wenn der von ihm festgestellte Mangel den nicht angefochtenen Teil mit erfasst (Zö/Heßler § 557 Rz 4). Ist die Revision wirksam auf einen Teil des Berufungsurteils beschränkt, so ist der nicht angegriffene Teil einschließlich der auf ihn entfallenden zweitinstanzlichen Kostenentscheidung der Nachprüfung und Abänderung durch das Revisionsgericht entzogen (BGHZ 106, 219, 220 f; Musielak/Voit/Ball § 557 Rz 7).
II. Verbesserungs- und Verschlechterungsverbot.
Rn 3
In gleicher Weise wie für das Berufungsgericht gelten für das Revisionsgericht das Verbesserungs- und Verschlechterungsverbot (Musielak/Voit/Ball § 557 Rz 7; Zö/Heßler § 557 Rz 1). Das Revisionsgericht darf daher das angefochtene Urt nicht über die vom Revisionskläger gestellten Anträge hinaus abändern, dem Revisionskläger kann nicht mehr zugesprochen werden, als er beantragt hat. Dieser Grundsatz kann auch einer Umdeutung des Klageantrages entgegenstehen (BGH v 4.12.15 – V ZR 22/15 – juris Tz 28). Umgekehrt darf das Revisionsgericht das angefochtene Urt nicht zum Nachteil des Revisionsklägers abändern; dem Revisionskläger kann – wenn nicht auch der Gegner Revision oder Anschlussrevision eingelegt hat – nicht weniger zugesprochen werden, als ihm in der 2. Instanz bereits zugesprochen wurde. Vor einer Abänderung geschützt ist der Teil des Prozessgegenstandes, über den das erstinstanzliche Gericht wirksam und mit materieller Rechtskraft zu Gunsten des Revisionsklägers entschieden hat (zum Verbesserungs- und Verschlechterungsverbot und zu Einzelfällen der Grenzen der Abänderung vgl § 528 Rn 10–20).
Rn 4
Hat der Revisionskläger Revision gegen ein Prozessurteil eingelegt mit dem Ziel, anstelle des Prozessurteils ein ihm günstiges Sachurteil zu erhalten, und gelangt das Revisionsgericht zu dem Ergebnis, dass das Berufungsgericht die Berufung zu Unrecht als unzulässig verworfen hat oder das Prozessurteil der 1. Instanz aufrecht erhalten hat, riskiert der Revisionskläger allerdings, dass das Revisionsgericht bei Entscheidungsreife (§ 563 III) in der Sache zum Nachteil des Revisionsklägers entscheidet. Dies verletzt das Verbot der Schlechterstellung nicht (BGHZ 102, 332, 337; Musielak/Voit/Ball § 557 Rz 7; Zö/Heßler § 557 Rz 2; MüKoZPO/Krüger § 557 Rz 10).
Rn 5
Keine Verletzung des Verbots der Schlechterstellung stellt es auch dar, wenn der Kl sich mit der Revision dagegen wendet, dass seine Klage als unbegründet abgewiesen worden ist, jedoch die Klage als unzulässig abgewiesen wird, weil Prozessvoraussetzungen fehlen, die vAw zu beachten sind (vgl dazu § 557 Rn 8). Desgleichen muss der Beklagte, der sich mit der Revision gegen ein der Klage stattgebendes Urt wendet, um die Abweisung als unbegründet zu erreichen, die Abweisung als unzulässig hinnehmen. Dies liegt darin begründet, dass derjenige, der den Rechtsstreit durch Erhebung der Revision fortsetzt, auch in der Revisionsinstanz das Risiko trägt, dass ein Mangel der dem Revisionsverfahren vorausgegangenen Verfahrensteile entdeckt w...