Gesetzestext
(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat.
(2) Das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, kann die Vollziehung der Entscheidung aussetzen.
(3) Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen.
A. Grundsatz: Keine aufschiebende Wirkung.
Rn 1
Abs 1 regelt diejenigen Fälle, in denen die sofortige Beschwerde aufschiebende Wirkung hat. In allen nicht geregelten Fällen hat die sofortige Beschwerde diese Wirkung folglich nicht. In diesen Fällen können aber sowohl das Ausgangs- als auch das Beschwerdegericht die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen (Abs 2, 3).
B. Aufschiebende Wirkung (Abs 1).
Rn 2
Die Beschwerde hat immer dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat (zB Ordnungsmittel gegen Zeugen und Sachverständige, §§ 380 I 1, 390 I 1, 409 I 1, 411 II; Ordnungsmittel gegen eine Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet war, §§ 141 III, 273 IV, 613 II, 640 I; Zwangsmittel zur Erzwingung einer vertretbaren Handlung, § 888 I, oder einer Duldung oder Unterlassung, § 890 I; BGH NJW 11, 3791 [BGH 17.08.2011 - I ZB 20/11] Rz 8 ff; BGH 16.5.12 – I ZB 52/11 Rz 6). Ob die sofortige Beschwerde gegen ein Zwischenurteil über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung (§ 387 III) aufschiebende Wirkung hat, ist in der Literatur umstr, aber kaum von praktischer Bedeutung, weil ein Ordnungsmittel erst festgesetzt werden kann, wenn der Verweigerungsgrund rechtskräftig für unerheblich erklärt worden ist (§ 390 I 1). Die aufschiebende Wirkung erstreckt sich nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs, die im Wortlaut des Gesetzes keinen Ausdruck gefunden hat, auf die Beschlüsse, in denen den Betroffenen Kosten auferlegt werden (BTDrs 14/4722, 112). Die Regelung gilt nur für die Ordnungs- und Zwangsmittel der ZPO und nur insoweit, als speziellere Regelungen fehlen. Abweichende Sonderregelungen in anderen Gesetzen (zB § 181 II GVG: die Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 178 GVG hat aufschiebende Wirkung, die Beschwerde gegen nach § 180 GVG außerhalb der Sitzung verhängte Ordnungsmittel nicht) bleiben ebenfalls unberührt (BTDrs 14/4722, 112).
Rn 3
Die aufschiebende Wirkung tritt mit Einlegung der sofortigen Beschwerde ein. Sie endet mit der Entscheidung des Beschwerdegerichts. Es gibt allerdings Ausnahmen. Nach § 6 III InsO wird die Entscheidung über die Beschwerde erst mit ihrer Rechtskraft wirksam, wenn das Beschwerdegericht nicht die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung anordnet. Bereits wirksam gewordene Vollstreckungsmaßnahmen haben trotz der aufschiebenden Wirkung Bestand. Für sie gilt § 775.
C. Aussetzung der Vollziehung (Abs 2).
Rn 4
Grds hat die sofortige Beschwerde keine aufschiebende Wirkung. Das Verfahren wird trotz der Beschwerde unverändert fortgesetzt. Der angefochtene Beschl bleibt vollstreckbar (etwa § 794 I Nr 2, 2a, 3, 4b), ohne dass dies gesondert angeordnet werden müsste. Das Ausgangsgericht – bei Entscheidungen der Kammer auch der Vorsitzende allein, bei Entscheidungen des Rechtspflegers (§ 11 I RPflG) der Rechtspfleger – kann jedoch bis zur Vorlage an das Beschwerdegericht die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen und damit der Beschwerde aufschiebende Wirkung verleihen (Abs 2). Das Gericht entscheidet auf Antrag oder vAw (vgl BGHZ 169, 17 Rz 31 = NJW 06, 3553 ff) Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH NJW 02, 1658). In die Abwägung einzustellen sind die mit der Vollziehung verbundenen Nachteile für den Beschwerdeführer und die Erfolgsaussichten der Beschwerde. Eine Aussetzung wird idR nur in Betracht kommen, wenn durch die Vollziehung dem Beschwerdeführer größere Nachteile drohen als dem Beschwerdegegner im Falle der Aufschiebung der angeordneten Maßnahmen, wenn die sofortige Beschwerde bei summarischer Prüfung zulässig erscheint und in der Sache Erfolg verspricht (BGHZ 169, 17, 29 Rz 30 = NJW 06, 3553 ff; BGH NJW 02, 1658, 1659); es kann ausreichen, dass die Rechtslage zweifelhaft ist. Nicht erforderlich ist, dass dem Beschwerdeführer ein nicht zu ersetzender Nachteil droht (BGH WM 17, 782 [BGH 19.01.2017 - I ZB 94/16] Rz 8). Auch wenn das Gericht die Vollziehung ausgesetzt hat, kann es seine Entscheidung auf Antrag oder vAw jederzeit ändern oder aufheben, solange es für die Entscheidung zuständig ist (also bis zur Vorlage an das Beschwerdegericht).
D. Einstweilige Anordnung (Abs 3).
Rn 5
Wenn das Ausgangsgericht die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt hat (§ 572 I), ist nur noch dieses für die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung zuständig. Das Beschwerdegericht kann weitergehende Anordnungen treffen, etwa eine Sicherheitsleistung oder eine Abwendungsbefugnis hinzufügen. Die Anordnungen müssen sich jedoch auf die Wirkungen der angefochtenen Entscheidung beziehen; Anordnungen mit dem Charakter einer einstweiligen Verfügung sind von § 570 III nicht ged...