Rn 7

Das Beschwerdegericht hat vAw zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt worden ist (II). Die hierfür erforderlichen Feststellungen trifft das Gericht im Wege des Freibeweises, für den alle Beweismittel, auch die eidesstattliche Versicherung, zugelassen sind. Die Darlegungs- und Beweislast trifft den Rechtsmittelführer. Der Beweis muss zur vollen, den Anforderungen des § 286 genügenden Überzeugung des Gerichts geführt werden (BGH NJW-RR 12, 509 [BGH 22.12.2011 - VII ZB 35/11] Rz 9). Zur also auch ohne Rüge des Gegners zu prüfenden Zulässigkeit des Rechtsmittels gehört neben den ausdrücklich genannten Voraussetzungen der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde (§ 567) und der Einhaltung von Form und Frist (§ 569) die Beschwer (vgl § 567 Rn 13) sowie bei Beschwerden gegen Kostenentscheidungen ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mindestens 200 EUR (§ 567 II) im Zeitpunkt der Einlegung der sofortigen Beschwerde (§ 4 I). Die Beschwerde darf nicht infolge prozessualer Überholung unzulässig geworden sein; vielmehr muss die Beschwer, deren Beseitigung das Rechtsmittel dient (vgl BGH WM 20, 751 Rz 6), noch im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung gegeben sein. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen kann trotz der Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels ein Bedürfnis nach einer gerichtlichen Entscheidung fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage besonders geschützt ist (BVerfGE 104, 220, 232 f = NJW 02, 2456 [BVerfG 05.12.2001 - 2 BvR 527/99]; vgl auch § 62 FamFG und dazu BTDrs 16/6308, 205).

 

Rn 8

Grds ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels vor dessen Begründetheit zu prüfen. Im Beschwerdeverfahren gilt dieser Grundsatz jedoch nicht ausnahmslos. Ist eine sofortige Beschwerde jedenfalls unbegründet, hat ihre Zurückweisung keine weitergehenden Folgen als ihre Verwerfung und stehen auch iÜ Interessen der Parteien – des Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners – nicht entgegen, kann unabhängig von der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde eine Sachentscheidung über sie ergehen. Regelmäßig werden diese Voraussetzungen erfüllt sein. Die Einlegung der sofortigen Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (§ 570 I). Dabei bleibt es bis zur Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung, unabhängig davon, wie diese begründet worden ist. Auch die Möglichkeit, gegen die Beschwerdeentscheidung ein Rechtsmittel (Rechtsbeschwerde, § 574) einzulegen, hängt nicht von der Entscheidungsformel ab. Wird die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen, ist die Rechtsbeschwerde nicht schon von Gesetzes wegen zulässig; denn die Vorschrift des § 522 I 4 ist insoweit nicht entsprechend anwendbar (BGH NJW-RR 05, 1009 [BGH 11.05.2005 - XII ZB 189/03]). Insofern ist die Situation eine andere als im Berufungsverfahren (vgl §§ 544 II Nr 2: wird die Berufung verworfen, gilt nicht die Mindestbeschwer von 20.000 EUR). Auch hinsichtlich der materiellen Rechtskraft gibt es regelmäßig keine Unterschiede. Die sofortige Beschwerde kann also als unbegründet zurückgewiesen werden, obwohl ihre Zulässigkeit offengeblieben ist (BGH NJW-RR 06, 1346, 1347 [BGH 30.03.2006 - IX ZB 171/04]). Eine stattgebende Entscheidung ist dagegen ausgeschlossen, solange die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nicht abschließend geprüft und bejaht worden ist. Einer unzulässigen Beschwerde darf nicht stattgegeben werden. Eine nicht fristgerecht eingelegte Beschwerde darf allerdings nicht als unzulässig verworfen werden, solange sie im Hinblick auf eine vom Gegner eingelegte Beschwerde als Anschlussbeschwerde (§ 567 III) aufgefasst werden kann (vgl BGH WM 14, 2386 [BGH 16.10.2014 - VII ZB 15/14] Rz 15).

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