Rn 7

Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden (Abs 2 S 4 iVm § 559). Die den Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung kann nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter sich mit dem Streitstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH WM 14, 618 Rz 30). Neuer tatsächlicher Vortrag ist grds ausgeschlossen. Das in den Tatsacheninstanzen versäumte Vorbringen kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden (BGHZ 156, 165, 167 = NJW 04, 71; MDR 07, 1040, 1041). Zu berücksichtigen sind jedoch die zur Begründung von Verfahrensrügen und Verfahrensgegenrügen vorgebrachten Tatsachen (Abs 2 S 4 iVm §§ 559 I 2, 551 III Nr 2b). Beachtlich sind weiter prozessuale Vorgänge, die sich erst nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens ereignet haben. Auch neues Vorbringen zu den im Rechtsbeschwerdeverfahren vAw zu berücksichtigenden Tatsachen kann erheblich sein (BGHZ 156, 165, 167 f = NJW 04, 71; BGH NJW 17, 488 Rz 8). Hier ist jedoch zu unterscheiden. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung der Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschl (§ 522 I 4), kann die Rechtsbeschwerde nicht auf Tatsachen gestützt werden, die belegen sollen, dass die Berufungsbegründungsfrist gewahrt war, wenn diese Tatsachen in der Berufungsinstanz nicht vorgetragen worden waren. Die Zulässigkeit der Berufung ist im Verfahren über das Rechtsmittel gegen eine Verwerfung nicht Prozessfortsetzungsbedingung, sondern alleiniger Verfahrensgegenstand, so dass die §§ 559 I, 577 II 4 uneingeschränkt gelten (BGHZ 156, 165, 168 = NJW 04, 71; BGH NJW 16, 3789 Rz 10). Im Interesse der Verfahrensökonomie zuzulassen sein können schließlich solche Tatsachen, die für die Beurteilung der Rechtslage beachtlich und erst nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens eingetreten sind und deren Berücksichtigung keine nennenswerte Mehrarbeit verursacht, wenn schützenswerte Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen (BGH NJW 16, 2650 [BGH 11.05.2016 - XII ZB 363/15] Rz 24; vgl die Erl zu § 559 I). Nur dasjenige (nicht ausnahmsweise zulässige neue) Vorbringen der Parteien ist zu berücksichtigen, das aus dem angefochtenen Beschl (oder dem Sitzungsprotokoll, wenn ausnahmsweise eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat) ersichtlich ist. Ein Beschl des Beschwerdegerichts, der den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht erkennen lässt, unterliegt deshalb der Aufhebung durch das Rechtsbeschwerdegericht (§§ 574 III, 547 Nr 6). Das gilt auch bei Beschlüssen, mit denen das Berufungsgericht die Berufung wegen nicht gewahrter Fristen als unzulässig verworfen hat (BGH MDR 16, 292 [BGH 13.01.2016 - XII ZB 605/14] Rz 6). Wurde die Berufung wegen Nichterreichen der Berufungssumme verworfen, muss die Entscheidung darauf hin überprüft werden können, ob das Berufungsgericht die Grenzen des ihm von § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten hat (BGH VersR 11, 1199 Rz 8; WM 13, 2371 [BGH 29.10.2013 - VI ZB 2/13] Rz 8). Unklare, in sich widersprüchliche Feststellungen des Beschwerdegerichts binden das Rechtsbeschwerdegericht nicht (BGH WM 14, 1389 [BGH 05.06.2014 - VII ZB 21/12] Rz 14). Eine Aufhebung wegen fehlenden Sachverhalts kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn sich der Sachverhalt mit hinreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergibt (BGH NJW 15, 1027 [BGH 04.11.2014 - II ZB 25/13] Rz 15; WuM 17, 426 [BGH 11.05.2017 - V ZB 113/16] Rz 4).

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