Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Rn 6
Für den Inhalt der Klageschrift gelten die Sonderregeln der §§ 587, 588, für die Zuständigkeit diejenige des § 584 bzw § 185 III FamFG, für die Frist diejenige des § 586. Im Beweisverfahren ist nach § 581 II der Antrag auf Parteivernehmung ausgeschlossen, wenn er sich auf das Vorliegen eines Restitutionsgrundes bezieht. Für die Neuverhandlung im dritten Abschnitt gelten die allgemeinen Regeln ergänzt um die Vorgaben der §§ 590, 591.
Rn 7
Da das Wiederaufnahmeverfahren auf die Durchbrechung der Rechtskraft gerichtet ist, sind die Dispositionsmöglichkeiten der Parteien über den Streitgegenstand und die Tatsachengrundlage des Verfahrens im Hinblick auf den Wiederaufnahmegrund eingeschränkt (s schon § 581 Rn 4). Das bedeutet va, dass das Gericht nicht nur die schlüssige Behauptung des Wiederaufnahmegrundes (§§ 579, 580, 589) iRd Statthaftigkeit der Klage, sondern auch das tatsächliche Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes in der Begründetheit der Klage vAw zu prüfen hat. Prüfung vAw bedeutet aber nicht Amtsermittlung bzw Geltung des Untersuchungsgrundsatzes für die Tatsachen, aus denen sich der Wiederaufnahmegrund ergeben soll. Entscheidend ist vielmehr, dass das Gericht die Beweisbedürftigkeit von Behauptungen selbst zu beurteilen hat und dies nicht den Parteien überlassen darf, indem behauptete Tatsachen zugestanden oder nicht bestritten werden. Auch über eine zugestandene oder nicht bestrittene Behauptung zu Wiederaufnahmegründen kann das Gericht bei Bedenken also den Beweis verlangen und es muss Beweis erhoben werden.
Rn 8
Deshalb haben weder Nichtbestreiten oder Geständnis noch Anerkenntnis oder Verzicht die Wirkungen nach den allgemeinen Regeln der §§ 138 IV, 288 bzw 306, 307. Vielmehr unterliegen sie, soweit vorgenommen, freier Würdigung durch das Gericht (B/L/H/A/G/Hunke § 581 Rz 7; St/J/Jacobs § 581 Rz 7).
Rn 9
Das Versäumnisurteil gegen den Beklagten, § 331, hat Geständniswirkung. Ein echtes Versäumnisurteil gegen den Beklagten des Wiederaufnahmeprozesses ist deshalb in den ersten beiden Abschnitten des Wiederaufnahmeverfahrens nicht möglich, wenn das Gericht nach freier Würdigung des Kläger- und Beklagtenvortrags das tatsächliche Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nicht für gegeben ansieht, insb einen diesbezüglichen Beweis für erforderlich hält. Es kommt nur ein unechtes kontradiktorisches Versäumnisurteil in Form der Klageabweisung als unzulässig bzw unbegründet in Betracht. Hält das Gericht jedoch infolge der Prüfung vAw die Klage für zulässig, was den schlüssigen Vortrag zum Wiederaufnahmegrund umfasst (s § 579 Rn 18, § 580 Rn 2), und sieht den Wiederaufnahmegrund tatsächlich für gegeben an, ist die Wiederaufnahmeklage begründet, auch wenn weitere, dh denkbare nicht vAw zu prüfende Voraussetzungen nur aufgrund der Geständnisfiktion als unstr gelten. Ein echtes Versäumnisurteil gegen den Beklagten des Vorprozesses (gleichgültig ob Kl oder Bekl des Wiederaufnahmeverfahrens) ist in der Neuverhandlung im dritten Abschnitt möglich. Bei Säumnis des Klägers ist die Wiederaufnahmeklage ebenfalls durch kontradiktorisches Urt abzuweisen, wenn die vAw zu prüfenden Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit (erster und zweiter Abschnitt) nicht vorliegen (ThoPu/Reichold § 590 Rz 6 mwN). Der Gegenansicht, im Falle der Zulässigkeit der Wiederaufnahmeklage sei auch ein echtes Versäumnisurteil auf Klageabweisung als unbegründet möglich (etwa Zö/Greger § 590 Rz 6; Musielak/Voit/Musielak § 590 Rz 7), ist zwar zuzugestehen, dass grds nur das Versäumnisurteil gegen den Beklagten Ausdruck des – hier durch die Prüfung vAw eingeschränkten – Verhandlungsgrundsatzes ist, nicht aber das Versäumnisurteil gegen den Kl (Schilken ZPR Rz 344). Da aber in der Begründetheit ohnehin lediglich das tatsächliche Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes zu prüfen ist, dessen Schlüssigkeit im Falle der Zulässigkeit der Klage schon feststeht, steht dem Erlass eines echten Versäumnisurteils gegen den Kl eben doch die Verpflichtung zur Prüfung vAw entgegen. Deshalb sind ja auch Klageverzicht und Anerkenntnisurteil ausgeschlossen, obwohl auch sie keine einfache Geständniswirkung haben. Es gelten für eine Säumnis also die allgemeinen Regeln, wonach ein echtes Versäumnisurteil immer nur möglich ist, wenn die vAw zu prüfenden Voraussetzungen tatsächlich vorliegen; nur dass dazu im ersten und zweiten Abschnitt auch die schlüssige Behauptung und das Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes zählen.