Gesetzestext
(1) Widerklagen sind nicht statthaft.
(2) Als Beweismittel sind bezüglich der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde sowie bezüglich anderer als der im § 592 erwähnten Tatsachen nur Urkunden und Antrag auf Parteivernehmung zulässig.
(3) Der Urkundenbeweis kann nur durch Vorlegung der Urkunden angetreten werden.
A. Verbot der Widerklage.
I. Widerklage.
Rn 1
Im Urkundenprozess (nicht aber auch im Nachverfahren) ist die Widerklage insgesamt ausgeschlossen. Das Verbot gilt daher unabhängig davon, ob die Widerklage als Urkundenklage erhoben wird oder nicht (Musielak/Voit § 595 Rz 2; MüKoZPO/Braun/Heiß § 595 Rz 1; aA St/J/Berger § 595 Rz 1; Wieczorek/Schütze/Olzen § 595 Rz 2). Auf eine im ordentlichen Prozess erhobene Urkundenwiderklage ist § 595 I hingegen weder direkt noch analog anwendbar (BGHZ 149, 222, 226 ff; MüKoZPO/Braun/Heiß § 595 Rz 1; krit Musielak/Voit § 595 Rz 2). Trotz vergleichbarer Interessenlage wird die Aufrechnung von dem Verbot der Widerklage nicht erfasst (BGH WM 81, 386), und auch die Gegenanträge nach §§ 302 IV 4, 717 II sind im Urkundenprozess zulässig.
II. Entscheidung.
Rn 2
Eine erhobene Widerklage ist an sich als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen, § 597 II. Aber auch eine Trennung der Verfahren analog § 145 II kommt in Betracht (MüKoZPO/Braun § 595 Rz 1). Diese davon abhängig zu machen, dass der Widerkl vom Urkundenprozess Abstand nimmt (Zö/Greger § 595 Rz 1), ist nicht sachgerecht (Musielak/Voit § 595 Rz 3; Wieczorek/Schütze/Olzen § 595 Rz 8).
B. Beweisführung.
I. Beweistatsachen und -mittel.
Rn 3
Während die anspruchsbegründenden Tatsachen gem § 592 nur durch Urkunden bewiesen werden können, ist bzgl der anderen Tatsachen, namentlich der Einwendungen des Bekl wie Erfüllung, Erlass, Stundung etc oder der Mängeleinrede, sowie des Gegenvortrags des Kl daneben auch Antrag auf Parteivernehmung zulässig. Alle anderen Beweismittel, ob liquide oder nicht, bleiben ausgeschlossen.
Rn 4
Das gilt auch für die Echtheit oder Unechtheit einer (vom Kl oder vom Bekl vorgelegten) Urkunde. Insoweit wird allerdings tw gefordert, den Nachweis der Echtheit durch (schriftliches) Sachverständigengutachten und durch Schriftvergleich im Wege des Augenscheins (§§ 441f) zuzulassen (Becht NJW 91, 1993, 1995 f; MüKoZPO/Braun/Heiß § 595 Rz 9; Wieczorek/Schütze/Olzen § 595 Rz 24). Dem stehen jedoch die klare gesetzliche Regelung des § 595 II (Hambg OLGR 03, 445; Musielak/Voit § 595 Rz 9) und der Grundsatz entgegen, dass Urkunden, die lediglich einen Beweis durch Augenschein oder Sachverständige ersetzen sollen, nach dem Sinn und Zweck des Urkundenprozesses keine beweistauglichen Urkunden darstellen (BGHZ 1, 218, 220 f; 173, 366 Rz 16; vgl § 592 Rn 15).
Rn 5
Unstreitige oder offenkundige Tatsachen bedürfen keines Beweises (§ 592 Rn 12); für die Prozessvoraussetzungen und das festzustellende ausländische Recht gibt es keine Beweismittelbeschränkung (§ 592 Rn 13).
II. Beweisantritt.
Rn 6
Nach § 595 III erfordert der Urkundenbeweis die Vorlegung der Urkunden. Es kommt also weder ein Antrag, dem Gegner die Urkundenvorlage aufzugeben (§ 421), noch eine entsprechende gerichtliche Anordnung (§ 142 I) in Betracht. Unzulässig ist auch ein Antrag auf Beiziehung von Akten, die sich bei einer anderen Behörde befinden (BGH NJW 94, 3295, 3296 [BGH 09.06.1994 - IX ZR 125/93]). Stehen die Akten dem erkennenden Gericht – nicht notwendig demselben Spruchkörper – hingegen schon zur Verfügung, stellt die Bezugnahme darauf einen ordnungsgemäßen Beweisantritt dar (BGHZ 173, 366, 369 Rz 14; MüKoZPO/Braun/Heiß § 595 Rz 13).
Rn 7
Parteivernehmung kann gem §§ 445, 447 beantragt werden. Eine Vernehmung vAw gem § 448 scheidet hingegen aus.