Rn 3
Die im Vergleich zu UWG und UKlaG verschärften Anforderungen an die Verbände dienen dazu, den Kreis der Klagebefugten möglichst eng zu begrenzen. Klagebefugt sind nur qualifizierte Einrichtungen iSd § 3 I 1 UKlaG, die zusätzlich die in § 606 Abs 1 S 2 genannten fünf Voraussetzungen erfüllen.
Rn 4
Eine Sonderstellung genießen gem Abs 1 S 4 die Verbraucherzentralen und der vzbv; diese sind unabhängig von den Anforderungen des S 2 stets klagebefugt. Die Privilegierung der öffentlich geförderten Verbände ist nicht auf deutsche Einrichtungen beschränkt, sie gilt auch für im Ausland ansässige, überwiegend öffentlich geförderte Verbände, zB für den europäischen Verbraucherverband BEUC (Brüssel) oder den österreichischen VKI. Sonstige ausländische Verbände sind klagebefugt, sofern sie die Voraussetzungen des Abs 1 S 2 erfüllen.
I. Mitglieder (Abs 1 Nr 1).
Rn 5
Bei den Dachverbänden müssen zehn Mitgliedsverbände organisiert sein. Zur inneren Struktur der Mitgliedsverbände schweigt das Gesetz; in der Summe der Mitgliedsverbände muss aber wohl die Mitgliederzahl von 350 erreicht sein. Bei einem Einzelverband müssen die geforderten 350 Mitglieder nicht aktiv oder stimmberechtigt sein. Jede Art von Mitgliedschaft reicht aus, da die Vereinssatzung Rechte und Pflichten unterschiedlicher Mitgliedergruppen frei regeln kann (Röthemeyer § 606 Rz 35; aA BGH WM 21, 235 [BGH 17.11.2020 - XI ZR 171/19]: nur stimmberechtigte Mitglieder zählen).
II. Eintragung (Abs 1 Nr 2).
Rn 6
Die Eintragung in die Liste gem § 4 UKlaG oder in das Verzeichnis der EU-Kommission muss mindestens vier Jahre zurückliegen. Spontan gegründete Verbände von Betroffenen sind nicht klageberechtigt. Die sonstigen Voraussetzungen, zB die Mitgliederzahl (Nr 1) oder der beschränkte Anteil an Unternehmenszuwendungen (Nr 5), müssen jedoch nicht seit vier Jahren bestehen, sondern erst im Zeitpunkt der Klageerhebung.
III. Aufklärungs- oder Beratungstätigkeit (Abs 1 Nr 3).
Rn 7
Aufklärende oder Beratungstätigkeit reicht aus, dh, eine Aufklärungstätigkeit über Webseiten oder ein sonstiges Informationsgebot ist ausreichend. Die Aufklärungs- oder Beratungstätigkeit muss gegenüber der Klagetätigkeit deutlich überwiegen (BTDrs 19/5207, 22; vgl Braunschw BKR 19, 294, 296). Das relative Gewicht der Tätigkeiten kann zB an den eingesetzten Personalstunden gemessen werden. Die Gegenansicht, wonach die finanziellen Verhältnisse entscheidend seien (BGH WM 21, 235 [BGH 17.11.2020 - XI ZR 171/19]), passt nicht zum Gesetzeswortlaut, der auf die Tätigkeiten abstellt.
IV. Keine Gewinnerzielungsabsicht (Abs 1 Nr 4).
Rn 8
Die Durchführung von Musterfeststellungsklagen darf aus Sicht des Verbandsklägers nicht gewinnorientiert sein. Da der Verband auch aus der erfolgreichen Musterfeststellungsklage nichts gewinnt, wäre dies auch schwer vorstellbar. Andere Beteiligte, wie etwa der vom Kläger beauftragte Rechtsanwalt oder ein externer Prozessfinanzierer, dürfen bei der Musterfeststellungsklage gewinnorientiert arbeiten, da sie von Abs 1 Nr 4 nicht erfasst sind (vgl aber die Bedenken bei ›Verflechtung‹ zwischen Anwalt und Verband: Braunschw BKR 19, 294, 297).
V. Beschränkung bei Unternehmenszuwendungen (Abs 1 Nr 5).
Rn 9
Die Grenze von 5 % muss auf den Umsatz des Verbandes im jüngsten Rechnungsjahr bezogen werden (vgl Röthemeyer Rz 39). Zuwendungen sind Zahlungen von Unternehmen ohne Gegenleistung (Spenden), dh, Erlöse für Lieferungen oder Leistungen sind davon nicht erfasst. Spenden von Privatpersonen oder nicht unternehmerisch tätigen Einrichtungen (es gilt § 14 BGB, Röthemeyer Rz 46) sind unbeschränkt zulässig (Schneider BB 18, 1986, 1990).