Gesetzestext
(1) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch mit Wirkung für und gegen die angemeldeten Verbraucher geschlossen werden.
(2) Der Vergleich soll Regelungen enthalten über
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die auf die angemeldeten Verbraucher entfallenden Leistungen, |
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den von den angemeldeten Verbrauchern zu erbringenden Nachweis der Leistungsberechtigung, |
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die Fälligkeit der Leistungen und |
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die Aufteilung der Kosten zwischen den Parteien. |
(3) 1Der Vergleich bedarf der Genehmigung durch das Gericht. 2Das Gericht genehmigt den Vergleich, wenn es ihn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes als angemessene gütliche Beilegung des Streits oder der Ungewissheit über die angemeldeten Ansprüche oder Rechtsverhältnisse erachtet. 3Die Genehmigung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.
(4) 1Den zum Zeitpunkt der Genehmigung angemeldeten Verbrauchern wird der genehmigte Vergleich mit einer Belehrung über dessen Wirkung, über ihr Recht zum Austritt aus dem Vergleich sowie über die einzuhaltende Form und Frist zugestellt. 2Jeder Verbraucher kann innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des genehmigten Vergleichs seinen Austritt aus dem Vergleich erklären. 3Der Austritt muss bei dem Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. 4Durch den Austritt wird die Wirksamkeit der Anmeldung nicht berührt.
(5) 1Der genehmigte Vergleich wird wirksam, wenn weniger als 30 Prozent der angemeldeten Verbraucher ihren Austritt aus dem Vergleich erklärt haben. 2Das Gericht stellt durch unanfechtbaren Beschluss den Inhalt und die Wirksamkeit des genehmigten Vergleichs fest. 3Der Beschluss ist im Klageregister öffentlich bekannt zu machen. 4Mit der Bekanntmachung des Beschlusses wirkt der Vergleich für und gegen diejenigen angemeldeten Verbraucher, die nicht ihren Austritt erklärt haben.
(6) Der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs vor dem ersten Termin ist unzulässig.
A. Zweck.
Rn 1
Der kollektive Rechtsschutz hat auch eine Effizienzfunktion, die sich bei rechtsvergleichender Betrachtung ua darin zeigt, dass entsprechende Verfahren häufig zu Vergleichen führen. Der in § 611 geregelte gerichtliche Vergleich im Musterfeststellungsverfahren wirkt sowohl für und gegen die Parteien als auch für und gegen die Anmelder, sofern diese ihre Anmeldung nicht wirksam zurückgenommen haben (Röthemeyer Rz 5).
Rn 2
Es ist aber auch ein gerichtlicher Vergleich nur mit Wirkung zwischen den Prozessparteien möglich; für diesen gelten dann die allgemeinen Regeln. Außerdem bleibt ein außergerichtlicher Vergleich stets zulässig, durch den jedoch nicht die Wirkungen des § 611 V 4 erzielt werden können (Weinland Rz 166 u 190). Im VW-Fall wurde eine außergerichtliche ›Rahmenvereinbarung‹ zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossen und anschließend die Klage zurückgenommen (vgl Gurkmann/Jahn VuR 20, 243; Stadler VuR 20, 163; Hirsch VuR 20, 454). Diese bewusste Umgehung des Gesetzes unter aktiver Beteiligung des Gerichts deutet auf Reformbedarf hin (vgl zur Vergütung des RA Fölsing BB 20, 1555).
B. Inhalt des Vergleichs (Abs 2).
Rn 3
Die in Abs 2 genannten Soll-Inhalte des Vergleichs zeigen, dass der Gesetzgeber von einem Vergleichstypus ausgeht, der über die im Musterverfahren beantragten Feststellungen hinausgeht und zu einer möglichst endgültigen Befriedung der zugrunde liegenden Streitigkeiten durch Leistungen an die betroffenen Verbraucher führt. Es ist aber auch ein reiner Feststellungsvergleich möglich, für den ebenfalls das Verfahren des § 611 gilt (BeckOK ZPO/Augenhofer Rz 5).
I. Begünstigte.
Rn 4
Wenn Abs 1 über Leistungen an die angemeldeten Verbraucher spricht, so ist dies nur als Soll-Mindestregelung zu verstehen, dh, in den Kreis der vom Vergleich Begünstigten können auch andere Personen einbezogen werden, insb nicht angemeldete Verbraucher (Röthemeyer Rz 12; Weinland Rz 171). Der Unterschied zwischen diesen Personengruppen liegt in der Möglichkeit der belastenden Wirkung: Eine solche Belastung ist gegenüber den Anmeldern gem Abs 5 S 4 möglich. Gegenüber sonstigen Personen ist jedoch nur eine Begünstigung iSe Vertrags zugunsten Dritter möglich, dh etwa die Einräumung zusätzlicher Rechte unbeschadet ihrer bestehenden Rechtspositionen.
Rn 5
Es steht den Parteien frei, im Vergleich auch sonstige Leistungen zu vereinbaren, die sich nicht auf einzelne Verbraucher beziehen, zB Zahlungen für Umweltschutzmaßnahmen oder wohltätige Zwecke.
II. Verteilungsverfahren.
Rn 6
Soweit der Vergleich die Erbringung von Leistungen an Verbraucher vorsieht, sind diese gem Abs 2 Nr 1–3 nach Höhe, Voraussetzungen und Fälligkeit zu spezifizieren. Zweckmäßigerweise ist ein genaues Verteilungsverfahren zu regeln, in welchem sich die Prüfung und Befriedigung der behaupteten Einzelansprüche vollzieht. In der internationalen Praxis wird dazu häufig ein unabhängiger claims administrator bestellt, dem diese Aufgabe übertragen wird; alternativ kommt aber auch die Durchführung durch eine der Prozessparteien in Betracht, ggf unter Aufsicht der anderen Partei oder eines unabhängigen Dritten.
Rn 7
Bei der Feststellung und Verteilung der im Vergl...