Rn 6

Rein wirtschaftliche, ideelle oder tatsächliche Beeinträchtigungen, die sich aus Freundschaft, Verwandtschaft, beruflicher Verbindung oder einer gleichartigen Situation ergeben, vermögen eine Nebenintervention nicht zu rechtfertigen. (ThoPu/Hüßtege Rz 5). Ein Aktionär kann seiner AG, weil es sich allein um ein wirtschaftliches Interesse handelt, nicht wegen einer bei einem Prozessverlust befürchteten Dividendenkürzung beitreten (Schlesw ZIP 99, 1760). Ebenso scheidet ein Beitritt des Gesellschafters bei Zahlungsklagen einer GbR oder oHG gg Nichtgesellschafter aus (BGH NJW 18, 3016 [BGH 03.07.2018 - II ZB 28/16] Rz 11). Anders verhält es sich hingegen, wenn der Hauptprozess die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs berührt. Ein nach § 147 II AktG zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft bestellter besonderer Vertreter kann nicht als Nebenintervenient der Beschlussmängelklage eines Aktionärs gegen einen für die Ersatzansprüche möglicherweise relevanten Hauptversammlungsbeschluss beitreten (München NJW-RR 09, 108 [OLG München 07.10.2008 - 7 W 1034/08]). Wird ein Gesellschafter (Anwalt) von seiner geschiedenen Frau iRe Unterhaltsverfahrens auf Auskunft über seine Vermögensverhältnisse verklagt und beruft er sich auf seine Geheimhaltungsverpflichtungen innerhalb der Sozietät, rechtfertigt dies nicht den Beitritt eines Sozius (Braunschw NJW-RR 05, 589 [OLG Braunschweig 02.11.2004 - 1 UF 111/04]). Da ein eigenes rechtliches Interesse verlangt wird, kann der Nebenintervenient nicht zwecks Verwirklichung ihm fremder Drittrechte (auch nahestehender Personen) beitreten. In dieser Konstellation kommt auch dann eine Ausnahme nicht in Betracht, wenn der Beitretende gegen den Bekl aus demselben Lebenssachverhalt fließende eigene Ansprüche künftig zu verfolgen beabsichtigt (BGH WM 06, 1252 [BGH 24.04.2006 - II ZB 16/05]; BAG NJW 68, 73). Darum kann ein Einzelverfahren nicht unter Beteiligung weiterer Gläubiger in der Rechtsstellung von Nebenintervenienten als Musterprozess geführt werden. Allein die Möglichkeit, dass ein Urt in einem ersten Prozess für nachfolgende Prozesse eine faktische Präzedenzwirkung entfaltet, vermag ein rechtliches Interesse nicht zu begründen. Das gilt auch im Fall der Nebenintervention von ›Parallelverwendern‹ inhaltsgleicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen (BGH RR 11, 907 Rz 11). Der Geschädigte kann nicht dem Schädiger im Deckungsprozess gegen dessen Versicherer beitreten (München VersR 76, 73 [OLG Stuttgart 08.11.1974 - 2 U 82/74]). Soweit Schadensersatzansprüche nicht auf den Träger der Sozialversicherung übergegangen sind, ist es ihm verwehrt, den Geschädigten im Rechtsstreit gegen den Schädiger zu unterstützen (Köln MDR 71, 849 [OLG Köln 17.03.1971 - 13 W 87/70]). Der Krankenversicherer des Patienten kann dessen Haftpflichtprozess gegen den Arzt nicht als Nebenintervenient beitreten (Koblenz NJW-RR 2009, 963 [OLG Koblenz 14.04.2009 - 5 U 309/09]). Die Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers kann bei einer Zahlungsklage des Mietwagenunternehmens nicht dem Geschädigten als Fahrzeugmieter beitreten (AG Mainz DV 2013, 41). Ebenso ist der Gläubiger an einem Beitritt zugunsten seines Schuldners im Prozess gegen dessen Freistellungsschuldner gehindert (Celle OLGR 02, 308). Gleiches gilt für einen Beitritt des Erben im Prozess des Erblassers zwecks Erhalt des ungeschmälerten Erbes. Der Anwalt 1. Instanz kann nicht zur Durchsetzung seiner Honoraransprüche dem Mandanten in der 2. Instanz beitreten. Der Schuldner ist im Streit zwischen Zedent und Zessionar über die Wirksamkeit einer Abtretung nicht befugt, den ihm ›wohlgesonnenen‹ Gläubiger zu unterstützen. Auch ist dem Mieter ein Beitritt zugunsten des Vermieters im Prozess gegen einen Grundstückserwerber über die Wirksamkeit des Kaufvertrages verschlossen (Hamm OLGR 03, 346). Allein die Tatsache einer Streitverkündung (§ 72 Abs 1 ZPO) vermag das erforderliche rechtliche Interesse nicht zu begründen (BGH RR 11, 907 Rz 12). Wer eine Prozessbürgschaft zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren erstinstanzlichen Urteil gegen eine Streitpartei übernommen hat, ist nicht zu einem Streitbeitritt berechtigt, weil an einem nicht erst durch den Rechtsstreit selbst geschaffen berechtigten Interesse am Ausgang des Rechtsstreits fehlt (Köln BeckRS 2012, 09423). Ein rechtliches Interesse für den Streithelfer im selbstständigen Beweisverfahren für einen Beitritt aufseiten des Antragstellers fehlt, wenn zu diesem keine vertragliche oder sonstige Beziehung besteht, die eine Haftung des Streithelfers gegenüber dem Antragsteller begründen könnte (München RR 17, 723). Das Interesse des Nebenintervenienten an der Zulassung des Beitritts lässt sich nicht aus der Interventionswirkung des § 68 ableiten, weil diese ausschließlich zu seinen Lasten eingreift (Karls RR 17, 91 Rz 3). Schon gar nicht rechtfertigen Allgemeininteressen eine Nebenintervention.

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