Prof. Dr. Markus Gehrlein
Rn 8
Mit Hilfe der Einrede der mangelhaften Prozessführung kann der Streithelfer die Interventionswirkung beseitigen. Sei greift in zwei Alternativen ein, wenn der Streithelfer entweder infolge der Lage des Prozesses zur Zeit seines Beitritts oder infolge des Verhaltens der Partei außerstande war, durch Angriffs- oder Verteidigungsmittel den Prozessausgang zu beeinflussen.
I. Lage des Rechtsstreits.
Rn 9
Mangels einer Möglichkeit, in den Rechtsstreit lenkend einzugreifen, braucht ein Streithelfer keine Interventionswirkung zu befürchten, dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung in einer nicht rechtsmittelfähigen Sache der Streit verkündet wurde (Köln MDR 83, 409; Naumbg BauR 2012, 843 Rz 3). Erfolgte die Streitverkündung erst in der Rechtsmittelinstanz und wurden deshalb Einwendungen des Nebenintervenienten nicht berücksichtigt, ist er nicht gehindert, den Sachvortrag in dem Folgeprozess zu erheben. Hat ein Rechtsmittel etwa wegen eines von der Partei erteilten Geständnisses keine Erfolgsaussichten, kann dem Streithelfer die Einlegung nicht zugemutet werden (BGH NJW 76, 292, 294 [BGH 14.10.1975 - VI ZR 226/74]).
II. Mangelhafte Prozessführung.
Rn 10
Es schlägt nicht zum Nachteil des Streithelfers aus, wenn er Angriffs- oder Verteidigungsmittel wegen eines Widerspruchs zum Vortrag der Hauptpartei nicht vorbringen konnte. Darum kann der Streithelfer im Folgeprozess Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen, Beweisanträge stellen und Rechtsauffassungen vertreten, die im Vorprozess am Widerspruch der unterstützten Partei gescheitert waren (BGH NJW 82, 281f [BGH 08.10.1981 - VII ZR 341/80]). Der Streithelfer darf im Widerspruch zu einem von der Hauptpartei erteilten Geständnis (§ 288) vortragen, es sei denn, es hätte für in die Möglichkeit bestanden, das Geständnis im Einverständnis der unterstützten – etwa bei Abgabe der Erklärung falsch informierten – Partei zu widerrufen (BGH NJW 76, 292, 293f). Unschädlich ist es für den Streithelfer, wenn die Partei ihm unbekannte Angriffs- und Verteidigungsmittel absichtlich oder aus grobem Verschulden nicht vorgebracht hat (BGH NJW 76, 292 [BGH 14.10.1975 - VI ZR 226/74]). Die behauptete mangelhafte Prozessführung der Hauptpartei und die Ursächlichkeit für den Prozessausgang hat der Streithelfer in dem Folgeprozess zu beweisen. Die Rücknahme eines Rechtsmittels durch die Hauptpartei wirkt nicht zu Lasten des Streithelfers (BGH NJW 88, 712 f; München BauR 12, 1145 Rz 3). Anders verhält es sich hingegen, wenn der Streitverkündete nicht beitritt und die Partei das Rechtsmittel auf Anraten des Gerichts zurücknimmt (OLGR Kobl 01, 243). Wird dem Nebenintervenienten das gegen die Hauptpartei ergangene Urt erst nach oder nach Ablauf eines wesentlichen Teils der Rechtsmittelfrist bekannt, so dass ihm die Einlegung eines Rechtsmittel nicht zugemutet werden kann, greift die Interventionswirkung nicht ein (Deckenbrock/Dötsch JR 04, 6, 8).