Rn 5
Ein größeres Mahngericht veranlasst in einem Jahr mehr als zwei Mio Zustellungen. Fällt bei dieser Menge dennoch an einer Zustellungsurkunde ein Umstand auf, wonach die Zustellung rechtlich mangelhaft abgewickelt worden sein könne, wird geprüft, ob eine neue Zustellung zu versuchen ist. BGH NJW 90, 176 fordert bei erkannten Zustellungsmängeln die Neuzustellung. ›Zumindest‹ ist der ASt durch den Urkundsbeamten auf die ihm bekannten Umstände der Zustellung und ihrer Beurkundung und die von ihm gehegten Bedenken gegen eine formgerechte Zustellung hinzuweisen, um dem ASt eine eigene Überprüfung der Rechtslage und ggf einen Antrag auf erneute Zustellung zu ermöglichen (BGH NJW 90, 176 [BGH 29.06.1989 - III ZR 92/87], Rz 17). Diese Entscheidung hat sich noch mit der Zustellung eines ›Vollstreckungsbefehls‹ (heute: VB) befasst. Sie wird im automatisierten Mahnverfahren nur begrenzt verwendbar sein. Die fehlerhafte Zustellung war erkannt worden. Deshalb war nicht auf das Maß der Prüfungspflicht des Urkundsbeamten einzugehen gewesen. Ist oder wird eine Mahnsache Nicht–EDV-Fall, so gibt es dazu eine ›Papierakte‹. Dann mag es dem Urkundsbeamten und dem Rechtspfleger vor weiteren Entscheidungen verfahrenstechnisch möglich sein, eine Postzustellungsurkunde auf Mängel durchzusehen. Da es aber auch bei Nicht-EDV-Verfahren noch um Massen geht, wird sich die Überprüfung darauf beschränken, ob Fehler im Ausfüllen des Formulars augenfällig sind. Die weitaus größere Menge der fehlerfrei automatisiert durchlaufenden Verfahren wird nicht mit Postzustellungsurkunden auf Papier behandelt. Die Zustellungsurkunden gehen zusätzlich zur Papierurkunde in elektronischer Form ein und werden sogleich elektronisch verarbeitet. Ein Fehler in der Zustellung könnte allenfalls bei entsprechender Programmierung erkannt werden.
Rn 6
Der Eingang der Zustellungsurkunde wird durch das EDV-Programm überwacht. Beim Ausbleiben nach festgelegter Frist wird das Zustellunternehmen – notfalls wiederholt – erinnert und kostenfreie Neuzustellung ausgelöst. Der ASt läuft Gefahr, dass die Zustellung eines MB als nicht mehr demnächst iSv § 693 II erfolgt angesehen wird, wenn er es unterlässt, beim Mahngericht nach Ablauf einer je nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Frist nachzufragen, ob die Zustellung bereits veranlasst worden ist, und dieses Unterlassen nachweislich zu einer Verzögerung der Zustellung um mehr als einen Monat geführt hat (BGH NJW-RR 06, 1436 [BGH 27.04.2006 - I ZR 237/03]).
Rn 7
Wird vor Zustellung des MB das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Ag eröffnet, ist das Verfahren gem § 240 unterbrochen. In der Regel wird die Insolvenz dem Mahngericht zwischen Eingang des Mahnantrags und Erlass des MB nur dann bekannt, wenn sich das Verfahren bis zum Erlass eines MB verzögert, zB indem der Antrag mangelhaft ist und moniert werden muss oder die Zustellung nicht sofort gelingt. Zustellung ist dann nicht mehr zulässig. Dennoch erfolgte Zustellung ist unwirksam. Wird ein möglicher Mangel der Zustellung erst nach Widerspruch oder Einspruch bekannt, ist nicht der Zustellvermerk aufzuheben. Es ist antragsgemäß abzugeben. Die Prüfung der Wirksamkeit der Zustellungen ist dem Streitgericht zu überlassen.