Gesetzestext
(1) 1Wird rechtzeitig Widerspruch erhoben und beantragt eine Partei die Durchführung des streitigen Verfahrens, so gibt das Gericht, das den Mahnbescheid erlassen hat, den Rechtsstreit von Amts wegen an das Gericht ab, das in dem Mahnbescheid gemäß § 692 Abs. 1 Nr. 1 bezeichnet worden ist, wenn die Parteien übereinstimmend die Abgabe an ein anderes Gericht verlangen, an dieses. 2Der Antrag kann in den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids aufgenommen werden. 3Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen; sie ist nicht anfechtbar. 4Mit Eingang der Akten bei dem Gericht, an das er abgegeben wird, gilt der Rechtsstreit als dort anhängig. 5§ 281 Abs. 3 Satz 1 gilt entsprechend.
(2) 1Ist das Mahnverfahren maschinell bearbeitet worden, so tritt, sofern die Akte nicht elektronisch übermittelt wird, an die Stelle der Akten ein maschinell erstellter Aktenausdruck. 2Für diesen gelten die Vorschriften über die Beweiskraft öffentlicher Urkunden entsprechend. 3§ 298 findet keine Anwendung.
(3) Die Streitsache gilt als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.
(4) 1Der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens kann bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Antragsgegners zur Hauptsache zurückgenommen werden. 2Die Zurücknahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. 3Mit der Zurücknahme ist die Streitsache als nicht rechtshängig geworden anzusehen.
(5) Das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben ist, ist hierdurch in seiner Zuständigkeit nicht gebunden.
A. Grundlagen.
Rn 1
§§ 696–698 regeln das Verfahren der Abgabe und des Übergangs in das streitige Verfahren nach Widerspruch. Zu WEG-Sachen vgl § 43 WEG nF u § 689 Rn 5. Zum Verfahren nach Widerspruch im Mahnverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen vgl § 46a IV ArbGG. Gemäß § 182a II 1 SGG ist mit Eingang der Akten beim Sozialgericht nach den Vorschriften des SGG zu verfahren.
B. Widerspruch.
I. Rechtzeitig.
Rn 2
Der Widerspruch ist rechtzeitig erhoben, solange der VB nicht verfügt ist, vgl § 694 Rz 10, 12. Ist VB verfügt, wird der Widerspruch als Einspruch behandelt (§ 694 II; § 694 Rn 17) und es ist gem § 700 III 1 vAw abzugeben.
II. Wirksam.
Rn 3
Das Mahngericht darf seine Prüfung formal darauf beschränken, ob nach dem äußeren Erscheinungsbild ein wirksamer Widerspruch vorliegt (BGH NJW 98, 235 Rz 3). Die Untersuchung auf rechte Form, zB ob unterschrieben ist (§ 694 Rn 13), ist dem streitigen Gericht zu überlassen.
C. Antrag einer Partei.
Rn 4
Den Antrag auf DsV stellt idR der ASt. Abgabe setzt ferner voraus, dass der ASt die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (KV 1210) bezahlt hat, s Rn 27 (Schneider).
I. Formular.
Rn 5
Im Antragsformular ist vorformuliert angeboten, dass der ASt den Antrag auf DsV, für den Fall des Widerspruchs, sogleich stellt (§ 696 I 2). Der Wortlaut muss nicht wie in § 696 gewählt werden. Es muss nur der Wunsch, das streitige Verfahren durchzuführen, zum Ausdruck kommen.
II. Zahlung.
Rn 6
Die Einzahlung der weiteren 2,5 Verfahrensgebühr nach KV 1210 genügt, um die Abgabe zu bewirken, auch ohne ausdrücklichen Antrag (LG München AnwBl 06, 218; aA München JurBüro 97, 602). Alle Mahngerichte behandeln die Einzahlung der weiteren 2,5-Gebühr als konkludenten Antrag auf streitiges Verfahren. Sie geben ab, ohne eine sonstige Äußerung abzuwarten (sofern auch die Mahngebühr 0,5 bezahlt ist). München JurBüro 97, 602 hat die Zahlung der vollen Gebühr ›lediglich aufgrund einer Gerichtskostenrechnung des Mahngerichts‹ nicht genügen lassen, jedoch die Einzahlung der vollen dreifachen Verfahrensgebühr auf die ›gerichtliche Anfrage, ob der Antrag auf DsV gestellt wird‹. Einzahlung und hierauf erfolgende Abgabe bedeuten, dass das Verfahren weiter betrieben ist und die Verjährung gem § 204 II 4 BGB gehemmt wird (BGH 30.7.20 – III ZR 192/19).
III. Bevollmächtigter.
Rn 7
Bevollmächtigte, die das streitige Verfahren beantragen, müssen keine Vollmacht nachweisen, aber versichern, ordnungsgemäß bevollmächtigt zu sein (§ 703).
IV. Ermäßigter Anspruch.
Rn 8
Der ASt kann das streitige Verfahren auf einen geringeren Anspruch beschränken, als er im Mahnantrag beschrieben oder nach Teilwiderspruch im Streit verblieben ist, zB in einer gleichzeitig eingereichten Anspruchsbegründung. Für den Wert des Streitgegenstands ist maßgeblich, was in das Prozessverfahren übergeht. Gemäß amtl Anm S 1 Hs 1 zu KV 1210 entsteht die 3,0 Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen mit dem Eingang der Akten bei dem Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben wird und es wird die Gebühr für das Mahnverfahren (KV 1100) nach dem Wert des Streitgegenstands angerechnet, der in das Prozessverfahren übergegangen ist. Zur Erklärung der (teilweisen) Rücknahme s Rn 21.
V. Kein Antrag.
Rn 9
Wird das streitige Verfahren auch vom Ag nicht beantragt, gerät das Verfahren in Stillstand, indem die Parteien es nicht betreiben (§ 204 II BGB). Die Hemmung der Verjährung endet sechs Monate (§ 204 II 1 BGB) nach der letzten Verfahrenshandlung (§ 204 II 3 BGB). Letzte Verfahrenshandlung ist der Zugang der Widerspruchsnachricht an den ASt (BGH 30.7.20 – III ZR 192/19). Die Hemmung beginnt er...