Gesetzestext
Die Zwangsvollstreckung findet statt aus Endurteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind.
A. Endurteil als regelmäßiger Vollstreckungstitel.
Rn 1
Regelmäßig findet die Zwangsvollstreckung aus inländischen Endurteilen statt, also aus solchen gerichtlichen Entscheidungen, die eine Instanz endgültig abschließen (§ 300 I). Das Endurteil hat also eine doppelte Funktion. Es beendet das Erkenntnisverfahren und ist zugleich Grundlage der Vollstreckung. Insoweit lässt sich sagen, dass § 704 Erkenntnis- und Zwangsvollsteckungsverfahren miteinander verbindet (HK-ZPO/Kindl § 704 Rz 1).
Rn 2
Das Endurteil ist der Prototyp eines Vollstreckungstitels (MüKoZPO/Götz § 704 Rz 2: ›Grundform‹). Die Zwangsvollstreckung findet jedoch auch aus anderen Urteilsarten statt, nämlich aus Teil- (§ 301), Vorbehalts- (§§ 322 III, 599 III), Verzichts- (§ 306) sowie aus Anerkenntnisurteilen (§ 307). Auch Versäumnisurteile sind trotz des Einspruchsrechts taugliche Vollstreckungstitel (BGH VersR 74, 1099, 1100; LAG Köln MDR 03, 778 [LAG Köln 08.01.2003 - 6 Ta 386/02]; BayObLG 82, 466). Denn sie entscheiden grds endgültig über den Klaganspruch.
B. Vollstreckungsfähigkeit.
I. Vollstreckungsfähiger Inhalt.
Rn 3
Vollstreckungsfähig sind Leistungsurteile. Urteile, die auf eine unmögliche Leistung lauten, können nicht vollstreckt werden (BGH NJW-RR 92, 450). Klageabweisende Urteile sind nicht vollstreckungsfähig, soweit es um die Entscheidung in der Hauptsache geht. Vollstreckt werden kann bei ihnen aber aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss, der auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung ergeht. Diese muss, wenn sie nicht bereits mit Verkündung rechtskräftig wird, zu diesem Zwecke für vorläufig vollstreckbar erklärt werden (§§ 708 Nr 11, 709, 711). Man spricht von Vollstreckbarkeit im weiteren Sinn (St/J/Münzberg Vor § 704 Rz 51f). Feststellungs- und Gestaltungsurteile sind wegen ihres Inhalts grds nicht vollstreckungsfähig (ThoPu/Seiler § 704 Rz 1). Eine Ausnahme gilt für die Klagen nach §§ 767, 771. Sie sind trotz ihrer gestaltenden Wirkung vollstreckungsfähig, weil sie der praktischen Umsetzung insoweit bedürfen, als zur Einstellung der Zwangsvollstreckung und zur Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme nach §§ 775, 776 eine gerichtlichen Entscheidung notwendig ist (MüKoZPO/Götz § 704 Rz 7).
II. Bestimmtheit von Vollstreckungstiteln.
1. Grundsätze.
Rn 4
Ein Vollstreckungstitel ist nur dann eine taugliche Grundlage für die Zwangsvollstreckung, wenn er seinem Inhalt nach ausreichend bestimmt ist. Das Bestimmtheitsgebot des Vollstreckungstitels entspricht dem Grundsatz der Bestimmtheit des Klageantrags nach § 253 II Nr 2. Es erstreckt sich wegen § 756 bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung auch auf die Gegenleistung (BGH NJW 93, 324, 325 [BGH 18.09.1992 - V ZR 86/91]; KG NJW-RR 98, 424, 425 [KG Berlin 24.07.1997 - 25 W 8662/96]), des Weiteren auch auf die Nebenleistungen (BGH DNotZ 80, 307, 310 = MDR 79, 915 [BGH 09.05.1979 - III ZR 54/78]). Hat der Schuldner aufgrund des materiellen Rechts die Wahl, wie er die geschuldete Leistung konkret bewirkt, ist dem Bestimmtheitsgebot genügt, wenn der Leistungserfolg im Titel mit hinreichender Bestimmtheit umschrieben ist (BGH NJW 99, 356, 357 [BGH 30.10.1998 - V ZR 64/98]). Bestimmt ist der Titel auch, wenn der Zahlungsbetrag zwar feststeht, unter eigens aufgeführten Voraussetzungen aber ermäßigt werden kann, wenn das mit der Vollstreckungsabwehrklage eingewendet wird (BGH NJW 96, 2165, 2166). Entsprechendes gilt für Titel auf Zahlung einer monatlicher Nutzungsentschädigung bis zur Herausgabe einer Sache (BGH NJW 99, 954 [BGH 14.12.1998 - II ZR 330/97]). Lautet der Titel auf Freistellung von einer auf eine Geldleistung gerichteten Verbindlichkeit muss die Höhe der Schuld in ihm bezeichnet werden (BGH NJW-RR 05, 494, 497f). Entscheidend ist stets, dass sich aus dem Titel allein auch für Dritte ersichtlich ergeben muss, wozu der Schuldner dem Gläubiger verpflichtet ist. Der Titel muss das Vollstreckungsorgan selbst in die Lage versetzen, den Vollstreckungszugriff vorzunehmen.
Rn 5
Die Bestimmung des Vollstreckungsanspruchs ist in erster Linie Aufgabe des Gerichts im Erkenntnisverfahren. Sie ist nicht dem Vollstreckungsorgan zugewiesen (BGHZ 122, 16, 17 = NJW 93, 1801, 1802). Aus diesem Grunde ist ihm die Auslegung des Titels zur Beseitigung von etwaigen Unklarheiten nur beschränkt gestattet. In der Regel ist Grundlage der Auslegung der Tenor des Urteils, aus dem vollstreckt werden soll. Auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe darf freilich ergänzend zugegriffen werden (BGH NJW 72, 2268, 2269; Ddorf NJOZ 13, 1531; Saarbr FamRZ 99, 110; Karlsr NJW-RR 97, 577), bei Urteilen ohne Entscheidungsgründe auch auf die Klageschrift (BGH NJW 83, 2032; Köln FamRZ 92, 1446). Unterlagen, die nicht Bestandteil des Urteils sind, sondern lediglich als Anlage beigefügt sind, dürfen zur Bestimmung des Vollstreckungsanspruchs nicht herangezogen werden (Köln NJW-RR 03, 375, 376; Hamm FamRZ 88, 1307, 1308), selbst dann nicht, wenn der Inhalt des Vollstreckungsanspruchs sich aus bei den Akten befindlichen, in Bezug genommenen Schriftstücken klären ließe (LAG Köln MDR 03, 788...