Rn 4

Bevor die Rechtsmittel- oder Einspruchsfrist abgelaufen ist, tritt entgegen § 705 formelle Rechtskraft mit dem Wirksamwerden der letzten Verzichtserklärung ein (§§ 515, 516), wenn beide Parteien wirksam auf Rechtsmittel (nicht nur auf den materiellen Anspruch: BGH NJW 89, 170; BGH MDR 88, 1033) verzichtet haben. Der Rechtsmittelverzicht nur einer Partei bewirkt den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht, weil sie das Recht hat, sich einem Rechtsmittel der anderen Partei nach §§ 524 II 1, 554 II 1 anzuschließen. Das gilt auch, wenn die Beschwer nur bei einer Partei liegt. Gibt sie eine Verzichtserklärung ab, kommt ein Anschlussrechtsmittel der anderen Partei zwar nicht in Betracht, weil es an der Anfechtungsmöglichkeit fehlt. Dennoch ist ein Rechtsmittel, das eingelegt wird, nicht unstatthaft, sondern unzulässig, worüber nur das Rechtsmittelgericht entscheiden kann (Karlsr NJW 71, 664). Ist ein Anschlussrechtsmittel dagegen nicht mehr statthaft, nämlich in der Revisionsinstanz nach Ablauf der Frist des § 544 II 2, bewirkt auch der einseitige Rechtsmittelverzicht ausnahmsweise den Eintritt der formellen Rechtskraft (St/J/Münzberg § 705 Rz 14). Beim Einspruch gegen Versäumnisurteile genügt der einseitige Verzicht dagegen stets, um die formelle Rechtskraft eintreten zu lassen. Die Verzichtserklärung muss nicht ausdrücklich erfolgen. Jedoch kann bei einem Teilrechtsmittel wegen des Rests nicht automatisch auf einen Verzicht geschlossen werden (BGH GRUR 05, 320, 324 [BGH 25.11.2004 - I ZR 49/02]; zum Umfang der hemmenden Wirkung s.u. Rn 8). Ein wirksamer Verzicht kann nicht widerrufen werden.

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