a) Urteilsaufhebung und -abänderung.
Rn 10
Das vorläufig vollstreckbare Urt oder der Vollstreckungsbescheid nach § 700 muss in der Sache aufgehoben oder zum Nachteil des Gläubigers abgeändert worden sein (BGH MDR 15, 999; BauR 07, 912). Im Zeitpunkt der Verkündung (nicht erst der Rechtskraft) dieser Entscheidung realisiert sich für den Vollstreckungsgläubiger das Risiko einer materiell-rechtlich nicht gerechtfertigten Vollstreckung (MüKoZPO/Götz § 717 Rz 8), und der Anspruch aus § 717 II entsteht (BGH NJW 97, 2601, 2602). In sachlicher Hinsicht genügt die Abänderung der Kostenentscheidung für das Entstehen eines Anspruchs nach § 717 II nur dann, wenn die Vollstreckung gerade wegen der Kosten erfolgte. Die Änderung der Vollstreckbarkeitsentscheidung ist dagegen in keinem Fall ausreichend (Karlsr Justiz 75, 101). Worauf die Aufhebung oder Abänderung beruht, ob auf verfahrensrechtlichen (BGHZ 136, 199, 201 = NJW 97, 2601, 2602; Ddorf NJW 74, 1714f), materiell-rechtlichen (BGH MDR 07, 1041) oder gar verfassungsrechtlichen Gründen (BGHZ 54, 76), ist nicht von Bedeutung. Hat die aufhebende oder abändernde Entscheidung selbst keinen Bestand, ergibt sich daraus, dass die Vollstreckung materiell-rechtlich rechtens war. Der Anspruch aus § 717 II erlischt dann erst im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des wiederherstellenden Urteils, nicht bereits mit dessen Verkündung (BGH NJW 97, 2601, 2604 [BGH 03.07.1997 - IX ZR 122/96]; Saenger JZ 97, 222, 228f).
b) Zwangsvollstreckung aus dem Urteil oder Leistung zu deren Abwendung.
Rn 11
Der Schadensersatzanspruch aus § 717 II setzt voraus, dass aus dem Urt bereits vollstreckt wurde. Nicht maßgebend ist, ob die Vollstreckungsmaßnahme wirksam ist (ThoPu/Seiler § 717 Rz 9). Betrieben wird die Zwangsvollstreckung noch nicht, wenn dem Schuldner ein Unterlassungstitel im Wege der Parteizustellung zugestellt wurde, in dem die Androhung eines Ordnungsmittels fehlt (BGH NJW 96, 198, 199 [BGH 02.11.1995 - IX ZR 141/94]). Alternativ sieht Abs 2 S 1 vor, dass auch die Leistung des Schuldners zur Abwendung der Zwangsvollstreckung schon genügt, um den Anspruch entstehen zu lassen. Das ist aber nur der Fall, wenn die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen unmittelbar bevorsteht (BGH NJW-RR 92, 1339, 1340; Zweibr FamRZ 98, 834, 835), der Gläubiger etwa angekündigt hat, dass er die Vollstreckung einleiten werde, wenn keine freiwillige Leistung des Schuldners erfolge (BGH NJW 96, 397, 398; Köln NJW 96, 1290 [OLG Köln 31.05.1995 - 2 U 182/94]), nicht aber, wenn der Gläubiger dem Schuldner trotz Vorliegens aller Vollstreckungsvoraussetzungen signalisiert hat, daraus keine Rechte herleiten zu wollen (BGH NJW-RR 11, 338 [BGH 16.12.2010 - Xa ZR 66/10] mit Anm Mes GRUR 11, 368). Solange noch nicht die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, zur Vollstreckung etwa noch keine Klausel beantragt wurde oder die Erfordernisse des § 890 II noch nicht erfüllt waren (BGH NJW 76, 2162, 2163 [BGH 22.06.1976 - X ZR 44/74]), droht die Zwangsvollstreckung noch nicht ernsthaft. Das ist auch dann nicht der Fall, wenn eine zur Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung noch nicht erbracht wurde oder eine Sicherungsvollstreckung nach § 720a nicht im Raum stand (Musielak/Lackmann § 717 Rz 9). Als Faustregel kann gelten, dass die Leistung dann zur Abwendung der Vollstreckung erfolgt, wenn sich der Schuldner damit einem ›gegen ihn ausgeübten Vollstreckungsdruck beugt‹ (BGHZ 131, 233, 235 = BGH NJW 96, 397 f; BGHZ 120, 73, 82 = NJW 93, 1076). Das beurteilt sich aus der objektivierten Sicht des Schuldners (BAG DB 14, 1500).
c) Schaden.
Rn 12
Dem Schuldner muss durch die Vollstreckung des Gläubigers oder durch die Leistung, die er zu deren Abwendung geleistet hat, ein Schaden entstanden sein, der durch die Vollstreckung oder die Abwendungsleistung adäquat kausal verursacht worden und vom Schutzzweck der Haftungsvorschrift gedeckt sein muss. Schadenspositionen, die auf inadäquaten Ereignisketten und außerhalb des Schutzbereichs der Regelung liegenden Umständen beruhen (sog Begleitschäden, BGH NJW-RR 09, 658 [BGH 05.02.2009 - IX ZR 36/08]), wie zB Kreditschäden, die sich auf das bloße Bekanntwerden einer bevorstehenden Vollstreckung zurückführen lassen, sind deshalb nicht ersatzfähig (BGH NJW 96, 114 [BVerfG 05.07.1995 - 1 BvR 2226/94]), ebenso wenig Nachteile, die auf einer Verzögerung der Verwertung beruhen (München MDR 89, 552). Der Zurechnungszusammenhang wird auch dadurch unterbrochen, dass die Aufhebung oder Abänderung des Urteils auf Einwendungen beruht, die erst nach dem Erlass der erfolgreich angefochtenen Entscheidung entstanden sind, der Gläubiger aber vor dem Entstehen der Einwendung bereits vollstreckt hatte (Karlsr Rpfleger 96, 73, 74f). Zwar hatte der Gläubiger in diesem Fall keine Anzeichen dafür, dass seine Vollstreckung unzulässig sein könnte. Allerdings wäre der Schaden nicht entstanden, wenn der Schuldner im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 vorgegangen wäre, sobald ihm die Einwendungen zur Kenntnis gelangten (hM: Musielak/Lackmann § 717 Rz 10, aA MüKoZPO/Götz § 717 Rz 17 ...