Gesetzestext
(1) Hat jemand das Vermögen eines anderen durch Vertrag mit diesem nach der rechtskräftigen Feststellung einer Schuld des anderen übernommen, so sind auf die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils gegen den Übernehmer die Vorschriften des § 727 entsprechend anzuwenden.
(2) Das Gleiche gilt für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen denjenigen, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, in Ansehung der Verbindlichkeiten, für die er nach § 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs haftet, sofern sie vor dem Erwerb des Geschäfts gegen den früheren Inhaber rechtskräftig festgestellt worden sind.
A. Ratio und Anwendungsbereich.
Rn 1
Vermögens- (Abs 1) und Firmenübernehmer (Abs 2) sind juristisch keine Rechtsnachfolger iSd § 727, weil sie neben dem früheren Inhaber des Vermögens und der Firma als Gesamtschuldner haften (BGH NJW 57, 420, für den Vermögensübernehmer; ThoPu/Seiler § 729 Rz 1). Der kraft Gesetzes eintretende Schuldbeitritt des Übernehmers wird dem Fall der privativen Schuldnachfolge in § 727 (MüKoZPO/Wolfsteiner § 729 Rz 1) insofern gleichgestellt, als § 729 die entsprechende Anwendung von § 727 anordnet. Der Anwendungsbereich von Abs 1 ist freilich durch die ersatzlose Streichung von § 419 BGB in Art 33 Nr 16 EGInsO zum 1.1.99 erheblich geschmälert worden. Die Vorschrift hat nur noch Bedeutung für Vermögensübernahmen, die zeitlich vor dem genannten Stichtag stattgefunden haben (Musielak/Lackmann § 729 Rz 1). Außerdem gilt die Vorschrift für den Erbschaftskauf nach §§ 2382, 2383 BGB analog.
Rn 2
Ähnliche Einschränkungen wie bei Abs 1 gibt es bei der Firmenübernahme des Abs 2 nicht (zum Verhältnis zu § 727 Dötsch MDR 11, 701). Allerdings reicht der Anwendungsbereich der Vorschrift nur soweit, wie nach § 25 HGB gehaftet wird (ThoPu/Seiler § 729 Rz 3). Über den unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus (s Rn 3) wird die Regelung entsprechend herangezogen im Fall des § 28 I HGB, wonach eine Person als persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditist in das Handelsgeschäft eines Einzelkaufmanns eintritt. Denn der in Abs 2 nicht erwähnte § 28 I HGB enthält eine sachlich mit § 25 I HGB übereinstimmende Regelung (Zö/Seibel § 729 Rz 13; aA Köln NJW-RR 94, 1118, 1119; offengelassen von BGH Rpfleger 74, 260 [BGH 05.03.1974 - VI ZR 240/73]). Nicht einheitlich beurteilt wird auch die entsprechende Anwendung im Fall der Erbenhaftung nach § 27 I HGB (Musielak/Lackmann § 729 Rz 1; aA Deckenbrock/Dötsch Rpfleger 03, 644f) sowie beim Eintritt in eine bestehende Gesellschaft nach § 130 I HGB (MüKoZPO/Wolfsteiner § 729 Rz 15; aA Köln NJW-RR 94, 1118, 1119), namentlich bei einer rechtsfähigen (Außen-)Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (BGHZ 154, 370 = NJW 03, 1803; aA für diesen Fall MüKoZPO/Wolfsteiner § 729 Rz 16). Richtigerweise ist hier die Interessenlage ähnl wie in § 25 HGB zu beurteilen und eine Klausel nach § 727 analog umzuschreiben. Das gilt freilich nach hM nicht, wenn ein neuer Gesellschafter in ein nicht kaufmännisches Einzelunternehmen, insb eine freiberufliche Praxis in der Rechtsform einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts eintritt (BGHZ 157, 361 = NJW 04, 836) und auch dann nicht, wenn ein nicht kaufmännisches Einzelunternehmen in eine neu gegründete GmbH eingebracht wird (BGHZ 143, 314 = NJW 00, 1415). Denn beides sind keine Fälle des § 28 HGB.
B. Tatbestand.
Rn 3
Inhaltlich muss im Fall des Abs 1 zunächst eine Vermögensübernahme iSd aufgehobenen (s Rn 1) § 419 I BGB vorliegen. Ist das beim Erwerb eines einzelnen Gegenstandes der Fall, muss der Gläubiger im Klauselerteilungsverfahren die Kenntnis des Erwerbers von dem Umstand dartun, dass der von ihm erworbene Gegenstand das gesamte oder doch nahezu gesamte Vermögen des Veräußerers darstellt (Ddorf NJW-RR 93, 959; aA Zö/Seibel § 729 Rz 4). Des Weiteren ist die Existenz eines rechtskräftigen Urteils iSv § 704 I gegen denjenigen erforderlich, der sein Vermögen überträgt. Die Rechtskraft muss in einem Zeitpunkt eingetreten sein, der vor der Vermögensübernahme liegt. Über seinen Wortlaut hinaus gilt Abs 1 auch für die Titel nach § 795, wobei es, wenn sie der Rechtskraft nicht fähig sind, auf den Zeitpunkt ihrer Entstehung ankommt. Um vorläufige Titel (insb Arreste, einstweilige Verfügungen) darf es sich dabei jedoch nicht handeln (MüKoZPO/Wolfsteiner § 729 Rz 3). Der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft eines Urteils oder die Errichtung eines sonstigen, nicht nur vorläufigen Titels gegen den früheren Inhaber des Handelsgeschäfts ist auch der maßgebliche Zeitpunkt nach Abs 2. Materiell müssen die Merkmale eines Firmeninhaberwechsels und einer Firmenfortführung iSv § 25 I 1, II HGB vorliegen (zu den Voraussetzungen BGH NJW 06, 1001 [BGH 28.11.2005 - II ZR 355/03]).
C. Verfahren und Entscheidung.
Rn 4
Nach § 20 Nr 12 RPflG ist der Rechtspfleger zur Klauselerteilung nach § 729 funktionell zuständig (s § 726 Rn 6). Die urkundliche Nachweispflicht richtet sich auf alle Tatbestandsmerkmale des § 419 I BGB und § 25 HGB. Ist ein Vertreter involviert, muss auc...