Gesetzestext

 

(1) Ist die Bestellung des Nießbrauchs an einem Vermögen nach der rechtskräftigen Feststellung einer Schuld des Bestellers erfolgt, so sind auf die Erteilung einer in Ansehung der dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils gegen den Nießbraucher die Vorschriften der §§ 727, 730 bis 732 entsprechend anzuwenden.

(2) Das Gleiche gilt bei dem Nießbrauch an einer Erbschaft für die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des gegen den Erblasser ergangenen Urteils.

A. Ratio und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Wurde die Schuld des Bestellers bereits vor der Bestellung des Nießbrauchs an dessen Vermögen (oder nach Abs 2 an einer Erbschaft) rechtskräftig festgestellt, erleichtert § 738 die Zwangsvollstreckung ggü den Anforderungen des § 737. Der nach dieser Vorschrift erforderliche Duldungstitel des Gläubigers des Bestellers gegen den Nießbraucher wird durch die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des gegen den Besteller erstrittenen Leistungsurteils gegen den Nießbraucher (nach Abs 2 gegen den Erblasser) nach §§ 727, 730 bis 732 analog ersetzt. Die Klausel erlaubt dann den Vollstreckungszugriff in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände (s § 737 Rn 2), nicht aber auf das persönliche Vermögen des Nießbrauchers (MüKoZPO/Heßler § 738 Rz 1). § 727 ist nicht nur analog, sondern unmittelbar einschlägig, wenn der Titel auf Herausgabe einer bestimmten Sache lautete und sich der später bestellte Nießbrauch auch auf diese erstreckte. Denn in diesem Fall ist der Nießbraucher Rechtsnachfolger des Bestellers iSd § 325 (Schuschke/Walker/Schuschke § 738 Rz 2). § 738 kommt auch bei anderen Titeln als Urteilen nach § 704 zur Anwendung (§§ 794, 795). Ist ein Titel der Rechtskraft nicht fähig, kommt es auf den Zeitpunkt seiner Entstehung an.

B. Verfahren der Klauselerteilung und Rechtsbehelfe.

 

Rn 2

Für die Klauselerteilung nach § 738 ist die funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers nach § 20 Nr 12 RPflG begründet. Der Gläubiger hat grds (zu den Ausnahmen s § 726 Rn 7) durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden den Nachweis über die wirksame Bestellung des Nießbrauchs zu führen (Zweibr Rpfleger 05, 612: der Nachweis des schuldrechtlichen Anspruchs auf Begründung des Nießbrauchs genügt insoweit nicht), den Zeitpunkt der Bestellung des Nießbrauchs sowie den Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Ist der Nachweis nicht möglich, ist die Klage nach § 731 statthaft. § 325 II ist nicht einschlägig (Musielak/Lackmann § 738 Rz 2). Nachgewiesen werden muss dagegen nicht, welche Gegenstände zum nießbrauchbelasteten Vermögen des Bestellers gehören (MüKoZPO/Heßler § 739 Rz 3). Auf der Klausel ist der Vermerk anzubringen, dass die Vollstreckung nur in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände erlaubt ist. Sie ist nach § 750 II zuzustellen. Gegen die Klauselerteilung steht dem Nießbraucher die Erinnerung analog § 732 zu Gebote.

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