Gesetzestext
Betreibt ein Ehegatte oder Lebenspartner, der in Gütergemeinschaft lebt und das Gesamtgut nicht oder nicht allein verwaltet, selbständig ein Erwerbsgeschäft, so ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut ein gegen ihn ergangenes Urteil genügend, es sei denn, dass zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit der Einspruch des anderen Ehegatten oder Lebenspartners gegen den Betrieb des Erwerbsgeschäfts oder der Widerruf seiner Einwilligung zu dem Betrieb im Güterrechtsregister eingetragen war.
A. Ratio.
Rn 1
§ 741 flankiert die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 1431, 1456 BGB vollstreckungsrechtlich. Hiernach kann der Ehegatte oder Lebenspartner, der das Gesamtgut nicht oder nicht allein verwaltet, mit der Einwilligung seines Partners ein Erwerbsgeschäft selbstständig führen. Für die Verbindlichkeiten, die iRd Betriebs des Erwerbsgeschäfts begründet werden, haften sowohl das Gesamtgut als auch die beiden Ehegatten oder Lebenspartner persönlich, §§ 1431, 1440, 1456, 1462 BGB. Das gilt auch für den Fall, dass der Ehegatte oder Lebenspartner, der das Geschäft nicht führt, von der Tätigkeit des anderen weiß, dagegen aber zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit keinen Einspruch eingelegt oder im Güterrechtsregister kein Widerspruch eingetragen wurde, §§ 1431 II 3, 1412 BGB. § 741 ergänzt § 740 insofern (Stuttg FamRZ 87, 304, 305), als zur Vollstreckung nicht ein Titel gegen beide Eheleute oder Lebenspartner erwirkt werden muss, sondern einer gegen den geschäftsführenden genügt. Der Gläubiger kann jedoch alternativ nach § 740 I vorgehen (MüKoZPO/Heßler § 741 Rz 5).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die Vorschrift ist wie § 741 auf alle Arten von Vollstreckungsverfahren und Schuldtitel (§§ 704, 795, 794) anwendbar (s § 740 Rn 2) und gilt, anders als das nach den materiellen Haftungsvorschriften der §§ 1431 I 1, 1456 I 1 BGB der Fall ist, auch für Forderungen, die außerhalb des Geschäftsbetriebs oder des Gesamtguts begründet wurden (BayObLG Rpfleger 83, 407) oder Gegenstände betreffen, die zu diesem nicht gehören (Musielak/Lackmann § 741 Rz 2). Der Anwendungsbereich von § 741 ist nicht eröffnet, bei einem Erwerbsgeschäft, das der allein verwaltende Ehegatte oder Lebenspartner oder die beiden gemeinsam verwaltenden Ehe- oder Lebenspartner betreiben. Hier ist § 740 einschlägig. Kraft gesetzlicher Inbezugnahme gilt § 741 für die Zwangsvollstreckung bei Eigentums- oder Vermögensgemeinschaften nach § 744a.
C. Tatbestand.
I. Materieller.
Rn 3
Bei dem Erwerbsgeschäft, das der Vollstreckungsschuldner betreiben muss, handelt es sich um jede auf Wiederholung angelegte, dauerhaft der Erzielung von Einkünften dienende wirtschaftliche Tätigkeit (BGHZ 83, 76, 78 f = NJW 82, 1810), die (handels-)gewerblich, landwirtschaftlich (BayObLG NJW-RR 96, 80, 81), wissenschaftlich, künstlerisch oder freiberuflich angelegt sein kann. Selbstständig wird das Erwerbsgeschäft geführt, wenn das im eigenen Namen geschieht oder der Ehepartner oder Dritte es für den Ehegatten führen (RGZ 127, 110, 114), auch dann, wenn der Betrieb mit einem anderen zusammen geführt wird, falls der das Erwerbsgeschäft innehabende Ehegatte persönlich haftender Gesellschafter einer OHG oder KG ist (BayObLGZ 83, 187, 189 f; nicht aber GmbH-Gesellschafter oder Kommanditist; Zö/Seibel § 741 Rz 5). Eine weisungsgebundene Tätigkeit in einem fremdem Unternehmen ist keine selbstständige Führung eines Erwerbsgeschäfts iSv § 741 (St/J/Münzberg § 741 Rz 5). Der andere Ehegatte oder Lebenspartner muss mit dem Betrieb des Erwerbsgeschäfts durch seinen Partner einverstanden sein. Im Güterrechtsregister darf diesbzgl kein Einspruch oder Widerruf des Ehegatten nach §§ 1431 III, 1456 III, 1412 BGB eingetragen sein. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit nach § 261, bei Titeln, die nicht der Rechtskraft fähig sind, deren Entstehung (ThoPu/Seiler § 741 Rz 3).
II. Formeller.
Rn 4
Die Vollstreckung in das Gesamtgut setzt voraus, dass zumindest gegen den Ehegatten, der das Erwerbsgeschäft betreibt, ein Leistungstitel erstritten wurde, in dem die Haftung des Gesamtguts nicht ausgewiesen sein muss (Musielak/Lackmann § 741 Rz 5). Ein Duldungstitel ist nach hM nicht ausreichend (s § 740 Rn 3). Zu Beginn der Zwangsvollstreckung muss das Erwerbsgeschäft noch betrieben werden; unschädlich ist, wenn es später abgewickelt wird (BayObLG Rpfleger 96, 63). Nachzuweisen hat der Gläubiger das Vorliegen einer Gütergemeinschaft und den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch den Vollstreckungsschuldner. Das ist nur der Ehegatte oder Lebenspartner, der das Erwerbsgeschäft führt (MüKoZPO/Heßler § 741 Rz 13). Das Vollstreckungsorgan prüft nicht, ob der verwaltende Ehegatte oder Lebenspartner mit dem Betrieb einverstanden ist (BayObLGZ 83, 187, 190). Der Nachweis eines Ein- oder Widerspruchs gegen die Einwilligung wird durch Vorlage eines Auszugs aus dem Güterrechtsregister geführt und ist im Vollstreckungsverfahren beachtlich, sofern er im Register eingetragen ist (aA St/J/Münzberg § 742 Rz 6). Soll an einem Grundstück, das zum gemeinschaftlich ve...