Gesetzestext
Leben die Ehegatten gemäß Artikel 234 § 4 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch im Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft, sind für die Zwangsvollstreckung in Gegenstände des gemeinschaftlichen Eigentums und Vermögens die §§ 740 bis 744, 774 und 860 entsprechend anzuwenden.
A. Ratio und Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift regelt die Zwangsvollstreckung gegen Eheleute, die nach §§ 13 ff Familiengesetzbuches der früheren DDR im gesetzlichen Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft gelebt hatten und von denen mindestens einer nach der Wiedervereinigung Deutschlands aufgrund des nach Art 234 § 4 II, III EGBGB bestehenden Wahlrechts form- und fristgerecht iSd Fortführung des alten Güterstands optiert hat (Art 234 § 4a II 1 EGBGB: Es gelten die Grds der gemeinsam verwalteten Gütergemeinschaft). Der Güterstand derjenigen Ehepaare, die das nicht getan haben, wurde nach Art 234 § 4 I zum 3.10.90 in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft überführt. § 744a ist für sie nicht anwendbar; es gelten vielmehr die allgemeinen Vorschriften, insb § 739 (Schuschke/Walker/Schuschke § 744a Rz 1 mwN in Fn 1). § 744a zieht die vollstreckungsrechtlichen Vorschriften über die Gütergemeinschaft entsprechend heran, weil die BGB-Gütergemeinschaft der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft am nächsten kommt (Musielak/Lackmann § 744a Rz 2). Die Vollstreckung aus § 744a findet statt aus allen Titeln der ZPO (§§ 704, 795, 794), vorausgesetzt, es wird in Gegenstände vollstreckt, an denen gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten besteht.
B. Tatbestand.
Rn 2
Gemeinschaftliches Vermögen der Eigentums – und Vermögensgemeinschaft sind die von einem oder beiden Ehegatten während der Ehe (auch nach Trennung: MüKoZPO/Heßler § 744a Rz 7) erzielten Einkünfte durch Arbeit, Renten, Stipendien, dem gleichstehende periodische Leistungen wie zB Krankengeld, Vermögensrechte oder Ersparnisse, grds auch das Eigentum an Grundstücken (Ausnahme: § 299 II ZGB-DDR). Dagegen stehen im Alleineigentum die Sachen und Vermögensrechte, die er vor der Eheschließung oder während der Ehe von Todes wegen oder aufgrund einer Schenkung erworben hat. Keine gemeinschaftliche Berechtigung besteht dagegen an Sachen, die die persönlichen Bedürfnisse des einzelnen Ehegatten befriedigen oder zu dessen Berufsausübung dienen und nicht übermäßig wertvoll sind (Musielak/Lackmann § 744a Rz 3). Für beide Vermögensmassen gilt das Surrogationsprinzip. Gewinne und Früchte sind Bestandteil des Vermögens der Hauptsache, ebenso Zinsen und Mieteinnahmen. Wurde im Beitrittsgebiet eine eheliche Vermögensgemeinschaft mit dem Tod eines der Ehegatten vor dem 3.10.90 beendet, entsteht nicht von Gesetzes wegen Bruchteilseigentum. Vielmehr besteht nach Art 234 § 4 V EGBGB analog eine Eigentums- und Vermögensgemeinschaft nach altem DDR-Recht (LG Bautzen NJW 99, 1484 [LG Bautzen 19.11.1998 - 3 T 174/98]).
C. Vollstreckung und Rechtsbehelfe.
Rn 3
§ 744a nimmt für die Vollstreckung gegen die Eheleute, die in der Eigentums- und Erwerbsgemeinschaft nach altem DDR-Recht leben, die §§ 740–744, 774 und 860 in Bezug. Nach dieser Vorschrift kann während des Bestehens dieser Gemeinschaft der Anteil eines der Ehegatten am Gemeinschaftsgut nicht als solcher gepfändet werden, sondern erst dann, wenn die Ehegatten die Beendigung ihrer Gemeinschaft wirksam vereinbart haben, § 860 II. Nach hM ist die Anwendung von § 740 I beim Alleinverwaltungsrecht eines Ehegatten nach DDR-Recht wegen Art 234 § 4a II EGBGB ausgeschlossen (aA Wassermann FamRZ 91, 507, 509f). Da das gemeinschaftliche Eigentum grds von beiden Ehegatten zusammen verwaltet wird, ist an sich § 740 II einschlägig, so dass ein Titel gegen beide Ehegatten erforderlich ist. §§ 744a, 741 erleichtern die Vollstreckung insofern, als sie den Titel gegen einen Ehegatten ausreichen lassen, der ein Erwerbsgeschäft allein führt. Sonst müssen zwei Titel erwirkt werden, wobei einer ein Duldungstitel sein kann (str; wie hier ThoPu/Seiler § 744a Rz 4). Im Hinblick auf die statthaften Rechtsbehelfe wird auf die Ausführungen zu §§ 740–744 verwiesen.