Gesetzestext
Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn
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der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist; der Zustellung bedarf es nicht, wenn bereits der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 756 Abs. 1 begonnen hatte und der Beweis durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers geführt wird; oder |
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der Gerichtsvollzieher eine Vollstreckungsmaßnahme nach § 756 Abs. 2 durchgeführt hat und diese durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers nachgewiesen ist. |
A. Normzweck.
Rn 1
§ 765 ist ebenso wie § 756 gebotene Konsequenz der in den §§ 320, 322 BGB festgelegten Verbindung von Leistung und Gegenleistung bzw der in den §§ 273, 274 BGB festgelegten Austauschabhängigkeit kraft besonderen Zurückbehaltungsrechts (Schilken AcP 181 [1981], 355, 357, 358). Nach § 726 II sind Urt, deren Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängt, ohne den Nachweis der Befriedigung oder des Annahmeverzugs des Schuldners vollstreckbar auszufertigen. Die Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, obliegt den Vollstreckungsorganen. § 756 regelt dies für den GV, § 765 für das Vollstreckungsgericht.
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
§ 765 betrifft sämtliche vom Vollstreckungsgericht anzuordnende Vollstreckungsmaßnahmen, so nicht nur die Sachpfändung, sondern auch die Vollstreckung in Forderungen oder andere Vermögensrechte gem §§ 828 I, 857 I; unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen gerichtliche Entscheidungen, die in Zusammenhang mit der eV und der Haftanordnung gem §§ 807, 883, 901 zu treffen sind, ebenso die Abnahme der eV nach bürgerlichem Recht und ihre Erzwingung durch Zwangsgeld oder Zwangshaft gem § 889 sowie das Verteilungsverfahren gem §§ 872 ff. § 765 ist anwendbar im Bereich der Immobiliarzwangsvollstreckung, § 1 ZVG. Entspr gilt § 765 für die Vollstreckung durch das Prozessgericht gem §§ 887, 888 wegen der Vornahme vertretbarer und nicht vertretbarer Handlungen, ebenso für die Vollstreckung durch das GBA (Hamm Rpfleger 83, 393; Köln Rpfleger 97, 315; St/J/Münzberg Rz 3 mwN).
Rn 3
Nicht unter § 765 fällt die Vollstreckung wegen einer Forderung, die den Schuldner nur gegen Aushändigung einer Inhaberschuldverschreibung zur Leistung verpflichtet. Das Inhaberpapier hat mit Einlösung den in ihm verkörperten Wert verloren und nur noch Quittungscharakter; ein selbstständiger Gegenanspruch liegt nicht mehr vor (BGH NJW 08, 3144, 3145 [BGH 08.07.2008 - VII ZB 64/07]). Anders ist es dann, wenn ausdrücklich zu einer Leistung Zug um Zug gegen Herausgabe einer Inhaberschuldverschreibung verurteilt wird. In einem derartigen Fall ist die Zug-um-Zug-Leistung iSd § 765 rein vollstreckungsrechtlich zu verstehen, dies unabhängig davon, ob materiell-rechtlich ein synallagmatisches Verhältnis besteht oder nicht. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass die Vollstreckungsorgane die Entscheidungen des Prozessgerichts nicht nachzuprüfen haben.
C. Voraussetzungen.
I. Nachweis der Befriedigung des Schuldners oder des Annahmeverzuges.
Rn 4
Der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, muss durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt werden; eine Abschrift dieser Urkunden muss dem Schuldner bereits zugestellt worden sein. Als Nachweisurkunde kommt insb das zu vollstreckende Urt in Betracht. Aus diesem müssen sich, ohne dass schwierige rechtliche Überlegungen anzustellen wären, Befriedigung oder Annahmeverzug des Schuldners ergeben. Tatbestand und Entscheidungsgründe sind heranzuziehen (BGH NJW 82, 1048, 1049 [BGH 09.12.1981 - VIII ZR 280/80]). In Frage kommt auch ein Urt nach § 256, durch welches der Annahmeverzug des Schuldners festgestellt wird oder aus dem sich ergibt, dass der Schuldner hinsichtlich der vom Gläubiger Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung befriedigt ist. Der gerichtliche Feststellungsausspruch hat allerdings für die Parteien Bindungswirkung erst mit der Rechtskraft des Feststellungsurteils (BGH NJW 18, 3029 [BGH 04.07.2018 - VII ZB 4/17] Rz 12). Der Gläubiger kann mit dem Klageantrag auf Zug-um-Zug-Verurteilung gleichzeitig einen Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs des Schuldners verbinden (BGH WM 87, 1496, 1498; MüKoZPO/Heßler § 756 Rz 45, 47; St/J/Berger § 417 Rz 3). Ist das Prozessgericht für die Vollstreckung zuständig, kann sich die Befriedigung des Schuldners oder der Verzug der Annahme auch aus den Prozessakten ergeben (Naumbg JurBüro 02, 551; Zö/Seibel Rz 3; B/L/H/A/G/Weber Rz 3).
Rn 5
Gem § 418 II kann Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen angetreten werden (Köln NJW-RR 86, 863 [OLG Köln 23.04.1986 - 2 W 67/86]). Der Fortbestand des einmal nachgewiesenen Annahmeverzugs wird vermutet (St/J/Münzberg Rz 2). Die Gegenleistung kann dem Schuldner nicht durch das Vollstreckungsgericht angeboten werden (St/J/Münzberg Rz 1; Zö/Seibel Rz 3).
II. Zustellung.
1. Zustellungserfordernisse.
Rn 6
Die Nachwei...