1. Voraussetzungen.
Rn 12
§ 775 Nr 4 setzt voraus, dass eine öffentliche Urkunde oder eine von dem Gläubiger ausgestellte Privatkurkunde vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass der Gläubiger nach Erlass des zu vollstreckenden Urt befriedigt worden ist oder Stundung bewilligt hat. Es handelt sich hier um eine Ausn von dem Grundsatz, dass Vollstreckungsorgane materiell-rechtliche Einwände gegen die zu vollstreckende Forderung nicht zu beachten haben.
2. Befriedigung, Stundung.
Rn 13
Als Befriedigung kommen neben der Zahlung auch die Erfüllungssurrogate in Frage, somit Aufrechnung und Hinterlegung. § 775 Nr 4 ist darüber hinaus bei dem Vorliegen von Erlassverträgen oder Verzichtserklärungen anzuwenden; dass eine Erklärung des Gläubigers grds ausreicht, belegt der Hinweis auf die Bewilligung der Stundung; dann allerdings ist von § 775 Nr 4 auch eine Erklärung des Gläubigers umfasst, wonach die Forderung nicht lediglich gestundet wird, sondern völlig in Wegfall gerät (St/J/Münzberg Rz 20; Schuschke/Walker/Raebel Rz 10). Nicht mehr im Bereich des § 775 Nr 4 liegen allerdings Anfechtung und Rücktritt; hier kann der Schuldner nur nach § 767 vorgehen (St/J/Münzberg Rz 21; Musielak/Voit/Lackmann Rz 7; Zö/Herget Rz 7). Eine vom Gläubiger nicht akzeptierte Aufrechnung kann nur im Weg des § 767 geltend gemacht werden (Zö/Herget Rz 7). Pfändung und Überweisung an den Schuldner selbst erfüllen die Voraussetzungen des § 775 Nr 4 ebenfalls nicht, da sich hieraus weder Befriedigung noch Stundung ergeben (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 19; Musielak/Voit/Lackmann Rz 7; aA St/J/Münzberg Rz 20; Schuschke/Walker/Raebel Rz 10). Auch hier kommt nur die Vollstreckungsgegenklage in Betracht. Ein pactum de non petendo fällt unter § 775 Nr 4 (St/J/Münzberg Rz 20). Bestreitet der Gläubiger seine Befriedigung oder eine Stundung, muss dieser Streit iRe Klage nach § 767 ausgetragen werden (Hamm OLGZ 73, 488, 490; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 28).
Rn 14
Die Befriedigung oder Stundung muss nach Erlass des Urt oder des sonstigen Titels erfolgt sein. Maßgeblich ist – anders als in § 767 II – die Verkündung, ggf auch die Zustellung des Urt, durch welche die Verkündung ersetzt wird, oder die Errichtung der vollstreckbaren Urkunde, nicht jedoch der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor Erlass eines Urt (St/J/Münzberg Rz 19; aA Wieczorek/Schütze/Salzmann § 776 Rz 28). Zahlungen nach Zustellung eines Mahnbescheides, jedoch vor Zustellung des Vollstreckungsbescheides, werden nach hM nicht berücksichtigt, dies mit der Begründung, dem Schuldner sei ein Widerspruch wegen der Zahlung zuzumuten (so bspw St/J/Münzberg Rz 19).
3. Nachweise.
Rn 15
Der Nachweis der Befriedigung des Gläubigers oder der Stundung ist durch öffentliche Urkunde zu führen; die öffentliche Beglaubigung einer Privaturkunde (Musielak/Voit/Lackmann Rz 8) reicht nicht aus; ausreichend ist eine vom Gläubiger ausgestellte, dh von diesem unterzeichnete Privaturkunde. Privaturkunde ist nur das Original; die Vorlage einer Kopie reicht nicht (Zö/Geimer Rz 7). Die Quittung eines Dritten reicht nur dann aus, wenn nach dem Titel oder nach gesetzlicher Vorschrift an diesen zu leisten ist oder wenn die Forderung nach Erlass des Titels oder nach dessen Errichtung auf ihn übergegangen ist (St/J/Münzberg Rz 18; Schuschke/Walker/Raebel Rz 10).