Rn 15

Der Prozessvergleich unterliegt dem Anwaltszwang (Schleswig MDR 99, 252 [OLG Schleswig 09.09.1998 - 12 U 56/95]) auch dann, wenn er vor dem Einzelrichter geschlossen wird (str; Zö/Althammer § 78 Rz 18; Musielak/Voit/Weth § 78 Rz 15). Ob ein Dritter, der einem Prozessvergleich beitreten will, dem Anwaltszwang unterliegt, ist streitig (dafür: Köln AnwBl 82, 113, 114; MüKoZPO/Toussaint § 78 Rz 34, 49; MüKoZPO/Wolfsteiner § 794 Rz 31; dagegen: BGH NJW 83, 1433 [BGH 16.12.1982 - VII ZR 55/82]; Musielak/Voit/Weth § 78 Rz 15; Musielak/Voit/Lackmann § 794 Rz 8; Zö/Althammer § 78 Rz 18; Zö/Stöber § 794 Rz 7). Für den Anwaltszwang spricht, dass § 794 I Nr 1 die Postulationsfähigkeit nicht regelt, der gerichtliche Vergleich anders als der außergerichtliche Vollstreckungstitel gegen den Dritten ist und Vollstreckungstitel durch eine Prozesshandlung geschaffen werden, wie dies für die Vollstreckungsunterwerfung (§ 794 I Nr 5) anerkannt ist. Die Gegenansicht hat allerdings den Wortlaut des Gesetzes für sich, das den Anwaltszwang aus Gründen der Rechtssicherheit nicht an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte, sondern an formale Kriterien (BGH NJW 00, 3356, 3357 [BGH 20.06.2000 - X ZB 11/00]) wie die Parteistellung knüpft, die durch die Beteiligung am Vergleich nicht erfüllt werden, und dass Vollstreckungstitel nach § 794 I Nr 5 auch sonst ohne Anwalt geschaffen werden können. Allerdings unterwirft auch diese Ansicht den Widerruf des Prozessvergleichs durch den Dritten dann dem Anwaltszwang, wenn der Widerruf in der Form einer Prozesshandlung ggü dem Gericht erklärt werden soll (Musielak/Voit/Weth § 78 Rz 15). Für den Vergleichsschluss vor dem beauftragten oder ersuchten Richter gilt der Anwaltszwang nicht (Abs 3). Ebensowenig gilt der Anwaltszwang für einen Vergleich im PKH-Verfahren (Hambg FamRZ 88, 1299).

 

Rn 16

Für den Klageverzicht (§ 306) gilt Anwaltszwang (BGH NJW 88, 210), grds auch für die Klagerücknahme. Allerdings kann die ohne Anwalt erhobene Klage nach einer Verweisung vom AG an das LG noch von der Partei selbst zurückgenommen werden (Kobl NJW-RR 00, 1370). Anwaltszwang gilt auch für die Zurücknahme eines Rechtsmittels (BGH NJW 84, 805 [BGH 14.11.1983 - IVb ZR 1/82]), jedoch kann ein von der Partei selbst oder durch einen postulationsunfähigen Vertreter eingelegtes Rechtsmittel in gleicher Weise wieder zurückgenommen werden (BGH NJW-RR 94, 759). Für den Rechtsmittelverzicht gilt Anwaltszwang (BGH NJW 84, 1465 [BGH 18.01.1984 - IVb ZB 53/83]). Auch für den Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist für ein Rechtsmittel bedarf es der Vertretung durch einen Anwalt (BGH NJW 85, 1558 [BGH 23.01.1985 - VIII ZB 18/84]; 88, 211). Ferner unterliegen der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil (BGH NJW 92, 1700, 1701 [BGH 04.02.1992 - X ZB 18/91]) und die Zustimmung zur Übertragung auf den Einzelrichter (St/J/Jacoby § 78 Rz 23) dem Anwaltszwang. Verweisungsanträge außerhalb der mündlichen Verhandlung können ohne Anwalt gestellt werden (§ 281 II 1), nicht jedoch solche in der mündlichen Verhandlung. Nach der Abgabe des Mahnverfahrens an das LG gilt Anwaltszwang (BGH NJW 79, 1658; 99, 365). Allerdings kann der Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung ohne Anwalt zurückgenommen werden, da der Antrag zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden kann (§§ 696 IV 2, 78 III). Die Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung unterliegt dem Anwaltszwang, die außerhalb wegen § 91a I 1 nicht (Bambg NJW-RR 97, 1365, 1366 [OLG Bamberg 12.11.1996 - 2 WF 76/96]). Im Anwaltsprozess gilt der Anwaltszwang auch für den Beitritt (BGH NJW 85, 328 [BGH 04.10.1984 - VII ZR 342/83]; 91, 229, 230 [BGH 04.10.1990 - IX ZB 78/90]), die Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens (BGH NJW 01, 1581), die Beschwerde, die sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs richtet (§ 46 II; Dresd MDR 19, 638; Brandbg Beschl v 19.8.19 – 13 WF 57/19, Rz 7), es sei denn, die Richterablehnung erfolgte im PKH-Verfahren (§§ 563 III Nr 2, 78 III; Dresd Beschl v 1.11.18 – 4 W 983/18), für die Kostenbeschwerde nach § 269 V I (Köln OLGR 94, 167) und für die Anhörungsrüge nach § 321a (BGH NJW 05, 2017; Beschl v 14.12.17 – I ZR 195/15 Rz 3; Beschl v 1.2.18 – I ZR 73/17 Rz 10). Für die sofortige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers des Landgerichts gilt der Anwaltszwang nicht (BGHZ 166, 117, 121). Anwaltszwang gilt im selbstständigen Beweisverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des § 486 IV auch für einen Nebenintervenienten, während die Beitrittserklärung selbst nicht dem Anwaltszwang unterfällt (BGH NJW 12, 2810, 2812 [BGH 12.07.2012 - VII ZB 9/12]). Ob der Antrag nach § 494a dem Anwaltszwang unterliegt, ist umstr (dafür Zweibr NJW-RR 96, 573; dagegen Ddorf NJW 99, 506 [OLG Köln 15.01.1997 - 6 U 63/96]). Für den Anwaltszwang spricht der Wortlaut der Norm, der anders als § 486 IV keine Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle zulässt. Der Antrag nach § 269 III nach Rücknahme d...

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