Rn 3

Nach dem Wortlaut der Norm kann sich die Partei durch jeden Rechtsanwalt vertreten lassen, der befugt ist, vor dem Prozessgericht aufzutreten. Den Begriff des Rechtsanwalts setzt die Norm voraus. Voraussetzung ist zunächst die Prozessfähigkeit des Anwalts. Zweifeln an der Prozessfähigkeit muss das Gericht nachgehen und ggf durch gesonderte Entscheidung, die vom Rechtsanwalt selbstständig angefochten werden kann, darüber entscheiden (BVerfG NJW 74, 1279 [BVerfG 02.04.1974 - 1 BvR 92]; Musielak/Voit/Weth § 78 Rz 10).

I. Zulassung.

 

Rn 4

Weiter ist die Zulassung zur Anwaltschaft notwendig, mit der die Postulationsfähigkeit beginnt (§ 12 IV BRAO; BGH NJW 92, 2706 [BGH 30.06.1992 - VI ZB 15/92]). Diese endet mit dem Erlöschen der Zulassung (§ 13 BRAO) oder mit der Rücknahme oder dem Widerruf der Zulassung (§ 14 BRAO). Prozesshandlungen, die der Anwalt nach dem Verlust seiner Zulassung vornimmt, sind unwirksam (BGH NJW 06, 2260, 2261). Das Unterhalten einer Kanzlei in einem bestimmten Gerichtsbezirk ist nicht Voraussetzung, auch bedarf es mit Ausnahme des Bundesgerichtshofs (§ 164 BRAO) keiner besonderen Zulassung, um vor dem OLG auftreten zu dürfen. Wurde gegen den Rechtsanwalt ein Berufs- oder Vertretungsverbot nach § 150 BRAO verhängt, ist dieser nach § 156 II BRAO zurückzuweisen. Die Wirksamkeit von durch diesen oder ggü diesem Anwalt vorgenommenen Prozesshandlungen werden durch das Berufs- und Vertretungsverbot nicht berührt (§ 155 V BRAO; Hamm NJW-RR 89, 442 [OLG Hamm 17.10.1988 - 8 U 58/88]), denn bis zu seiner Zurückweisung nach § 156 II BRAO behält er die Eigenschaft als Rechtsanwalt und auch die Zulassung wird davon nicht berührt (BGH MDR 10, 779; NJW 12, 2592 [BGH 24.04.2012 - VIII ZB 111/11] Rz 8; NJW-RR 15, 628 [BGH 26.06.2014 - V ZB 187/13] Rz 5). Auch berufsrechtliche Verstöße führen nicht zur Unwirksamkeit der Prozesshandlung (Hamm NJW-RR 86, 442 [LG Kaiserslautern 19.03.1985 - 2 S 180/84]), insb auch nicht solche gegen das Tätigkeitsverbot aus § 43a IV BRAO (BGH NJW-RR 10, 67 [BGH 14.05.2009 - IX ZR 60/08]; Brandbg Beschl v 8.9.16 – 13 UF 84/15 Rz 21). Deshalb sind auch im Parteiprozess Erklärungen nach dem Verlust der Zulassung nicht automatisch unwirksam, allerdings kann sich die Unwirksamkeit aus einem Verstoß gegen das RDG ergeben und der Verlust der Zulassung dürfte auch zum Erlöschen der Prozessvollmacht führen (BGH NJW 06, 2260, 2261 [BGH 26.01.2006 - III ZB 63/05]; NJW-RR 08, 1290 [BGH 22.04.2008 - X ZB 18/07]). Fällt die Postulationsfähigkeit infolge eines Berufs- oder Vertretungsverbots während des Prozesses fort, wird das Verfahren wie bei einem Verlust der Prozessfähigkeit nach § 244 unterbrochen (BGH NJW 90, 1854, 1855 [BGH 29.03.1990 - III ZB 39/89]). Rechtsanwalt iSd Norm ist auch die Rechtsanwaltsgesellschaft (§§ 59c, 59l BRAO), wobei die Rechtsanwaltsgesellschaft nicht auf die in § 59c BRAO allein erwähnte GmbH beschränkt ist und sich auch in der Form der AG organisieren kann (BGH NJW 05, 1568, 1569). Bei der berufsübergreifenden Sozietät bleibt die Erbringung von Rechtsdienstleistungen den Rechtsanwälten vorbehalten (§ 59a I BRAO; dazu BGH NJW 11, 2301 [BGH 09.12.2010 - IX ZR 44/10]).

II. Ausländische Rechtsanwälte.

 

Rn 5

Rechtsanwalt iSd Vorschrift ist derjenige, der nach Maßgabe der BRAO zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs zugelassen ist. Daraus folgt, dass ausländische Rechtsanwälte, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht postulationsfähig sind. Eine Ausnahme gilt für Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der EU, der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz, die in ihrem Herkunftsstaat berechtigt sind, als Rechtsanwalt tätig zu sein. Wird ein solcher Rechtsanwalt in die für den Ort seiner Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen, darf er als Prozessbevollmächtigter gleich einem deutschen Anwalt vor Gericht auftreten (§§ 2 EuRAG, 3 BRAO). Das Gesetz bezeichnet einen solchen Anwalt als niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt (§ 2 I EuRAG). Ohne eine Niederlassung in Deutschland und ohne Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer darf ein solcher Anwalt vorübergehend die Tätigkeit eines Rechtsanwalts unter den in § 25 ff EuRAG genannten Voraussetzungen ausüben (dienstleistender europäischer Rechtsanwalt, § 25 I EuRAG) und nach Maßgabe des § 28 EuRAG im gerichtlichen Verfahren als Vertreter einer Partei im Einvernehmen mit einem zugelassenen und zur Vertretung vor Gericht befugten (§ 28 II EuRAG) Rechtsanwalt (Einvernehmensanwalt) handeln (§ 28 I EuRAG). Um eine vorrübergehende Tätigkeit handelt es sich dann nicht mehr, wenn der ausländische Rechtsanwalt von einem festen Berufsdomizil aus eine kontinuierliche Berufstätigkeit ausübt (BVerfG, NJW 14, 619 [BVerfG 04.12.2013 - 2 BvE 6/13]). Die sich aus § 206 BRAO ergebende Befugnis zur Berufstätigkeit von Angehörigen eines Mitgliedstaates der Welthandelsorganisation beinhaltet nicht die Vertretung vor Gericht. Wird ein Schriftsatz von einem zugelassenen Rechtsanwalt auch unter Hinweis auf eine ausländische ...

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