Gesetzestext

 

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1. aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2. aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a. (weggefallen)
2b. (weggefallen)
3. aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a. (weggefallen)
4. aus Vollstreckungsbescheiden;
4a. aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b. aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5. aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6. aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7. aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8. aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015,S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9. aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Gemäß § 704 I erfolgt die Zwangsvollstreckung aus Endurteilen, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt worden sind. § 794 I 16, II behandelt weitere Titel, aus denen die Zwangsvollstreckung stattfindet.

B. Prozessvergleiche gem § 794 I 1.

I. Rechtsnatur.

 

Rn 2

Nach nunmehr hM hat der Prozessvergleich eine Doppelnatur; er ist sowohl materiell-rechtliches Rechtsgeschäft, weil er sachlich rechtlich die Ansprüche und Verbindlichkeiten der Parteien regelt, als auch Prozessvertrag, weil er den Rechtsstreit beendet (BGHZ 16, 388, 390; 142, 84, 88; BVerwG NJW 94, 2306, 2307; 05, 3576, 3577; aA MüKoZPO/Wolfsteiner Rz 11, welcher eine ›gemäßigte Trennungstheorie‹ befürwortet, wonach im Prozessvergleich ein prozessualer und ein materiell-rechtlicher Vertrag in einem Akt zusammengefasst sind). Da der Prozessvergleich sowohl Rechtsgeschäft des bürgerlichen Rechts als auch den Rechtsstreit beendende Prozesshandlung ist, muss er über eine Prozessbeendigungsvereinbarung hinausgehende Vereinbarungen enthalten; ein reiner Prozessbeendigungsvertrag ist zulässig, jedoch nicht geeignet, einen Titel iSd § 794 I 1 darzustellen; ebensowenig ist ein ausschl materiell-rechtlicher Vergleichsvertrag nach § 779 I BGB als Prozessvergleich iSd § 794 I 1 anzusehen. Prozesshandlung und Rechtsgeschäft bilden eine Einheit, die eine gegenseitige Abhängigkeit der prozessualen Wirkungen und der materiell-rechtlichen Regelungen bewirkt. Um als Vollstreckungstitel geeignet zu sein, hat der Prozessvergleich sowohl in prozessualer als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht wirksam zu sein. Die Wirksamkeitsvoraussetzungen sind in materiell-rechtlicher Hinsicht nach § 779 BGB zu beurteilen, als Prozesshandlung nach den zivilprozessualen Vorschriften (BGHZ 84, 333, 335; 142, 84, 88).

II. Voraussetzungen.

1. Kontradiktorisches Verfahren vor einem deutschen Gericht.

 

Rn 3

Prozessvergleiche gem § 794 I 1 setzen voraus, dass sie vor einem deutschen Gericht abgeschlossen werden; dies sind zunächst Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Der Vergleich kann auch vor einem Strafgericht, bspw im Privatklageverfahren oder dem Adhäsionsverfahren, geschlosse...

Dieser Inhalt ist unter anderem im HSO FV Sachsen online Kompaktversion enthalten. Sie wollen mehr?