Rn 12
Der Nachweis der wirksamen Erteilung der Vollmacht dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und ist durch Einreichung einer schriftlichen (Willens-)Erklärung über die Erteilung der Vollmacht an den Prozessbevollmächtigten in deutscher Sprache (Vollmachtsurkunde) zu führen, die zu den Gerichtsakten genommen wird. Dies gilt in allen Verfahren, soweit keine Ausnahme (zB § 703) vorgesehen ist, weshalb eine Glaubhaftmachung nach § 920 II nicht genügt, denn ungeachtet des Umstands, dass § 920 II auch für die Prozessvoraussetzungen gelten soll, ist § 80 als Sondervorschrift vorrangig (Saarbr MDR 08, 1233; Zö/Althammer § 80 Rz 5). Ggf ist die Urkunde zu übersetzen (arg § 142 II, MüKoZPO/Toussaint § 80 Rz 5; Zö/Althammer § 80 Rz 8; St/J/Jacoby § 80 Rz 7 bzw arg § 184 GVG, Kobl Urt v 12.11.09 – 5 U 599/09 Rz 12; B/L/H/A/G/Weber § 80 Rz 11). Sie muss den Anforderungen an die Schriftform genügen, obwohl die Erteilung der Vollmacht formlos möglich ist und § 126 BGB deshalb nicht unmittelbar gilt (Musielak/Voit/Weth § 80 Rz 15; Zö/Althammer § 80 Rz 8; B/L/H/A/G/Weber § 80 Rz 11). Sie muss daher von der Partei eigenhändig (str aA St/J/Jacoby § 80 Rz 27) unterschrieben sein, denn nur dann ist der Zweck der Vorschrift gewahrt (BAG NZA-RR 04, 607 [LAG Schleswig-Holstein 13.02.2004 - 2 Ta 27/04]; Musielak/Voit/Weth § 80 Rz 15). Eine ausgefüllte Blankovollmacht kann genügen (KG Urt v 30.12.10 – 2 U 16/06, Rz 15; OLG Frankf Urt v 14.10.16 – 10 U 64/16, Rz 36). Eine Unterzeichnung mit einem Faksimile genügt daher ebenso wenig wie die Übermittlung per Telegramm (BGZ 126, 266, 267). Ein Telefax soll ausreichen (BGH NJW 02, 1957 [BGH 07.03.2002 - VII ZR 193/01]). Eine Unterzeichnung mittels notariell beglaubigten Handzeichens oder die Zeichnung mit der Firma bei Kaufleuten genügt (§§ 17 I, 19 HGB). Eine öffentliche Urkunde iSv § 415 über die Erteilung der Vollmacht ersetzt die Schriftform. In diesem Fall genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift. Eine schriftliche Vollmacht ist auch entbehrlich, wenn die Bevollmächtigung zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgte oder in das Sitzungsprotokoll aufgenommen wurde (§ 160 II). In dieser Weise nachzuweisen sind die Hauptvollmacht und eine eventuelle Untervollmacht (BGHZ 166, 278, 280). Sind mehrere Vollmachten nacheinander geschaltet (Vollmachtskette), muss der Nachweis für alle bis zurück zur Partei selbst geführt werden (BGH NJW-RR 02, 1957). Im Mahnverfahren muss die Vollmacht nicht nachgewiesen werden, es genügt, dass die ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichert wird (§ 703). Folgt die Prozessvollmacht aus einer materiell-rechtlichen Handlungsbefugnis, genügt ein entsprechender urkundlicher Nachweis, zB durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs (Zö/Althammer § 80 Rz 9). Die auch die gerichtliche Vertretung umfassende Vollmacht des Betreuers nach § 1902 BGB wird durch Vorlage des Betreuerausweises nachgewiesen.
Rn 13
Die Auffassung, das Gericht könne von dem Schriftlichkeitserfordernis absehen, wenn es auch ohne die Vorlage einer Vollmachtsurkunde aufgrund anderweitiger schriftlicher Nachweise im Wege des Freibeweises die Überzeugung von der Erteilung der Vollmacht gewinnen könne (so KG Urt v 30.12.10 – 2 U 16/06, Rz 18 f; Brandbg MDR 10, 980), widerspricht Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift, und zu dieser Einschränkung bestand nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt auch keine Veranlassung. Denn zum Nachweis genügt jede schriftliche Erklärung, aus der sich die Erteilung einer Vollmacht ergibt, es muss sich nicht um eine als Vollmacht bezeichnete Urkunde handeln. Außerdem hat diese Form des Nachweises nur Bedeutung für den weiteren Verlauf des Rechtsstreits nach der Rüge, weshalb der Bestand der Vollmacht für die Vergangenheit auch in jeder anderen zulässigen Form nachgewiesen werden kann (St/J/Jacoby § 80 Rz 11, 21, 26; MüKoZPO/Toussaint § 80 Rz 11, 12; Musielak/Voit/Weth § 80 Rz 14). Das Formerfordernis gilt auch nicht (mit Ausnahme der Vollmachtskette) für den Nachweis der Befugnis zur Erteilung der Vollmacht. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln (B/L/H/A/G/Weber § 80 Rz 9; St/J/Jacoby § 80 Rz 27), der ohne Rüge von Amts wegen zu prüfende (§ 56) wirksame Erwerb der in Anspruch genommenen Handlungsbefugnis (zB § 714 BGB, 35 GmbHG, 84 AktG) kann deshalb mit jedem zulässigen Beweismittel nachgewiesen werden. Dabei ist zu beachten, dass nach allgemeinen Regeln lediglich die Nichtigkeit des Bestellungsaktes und nicht schon dessen Anfechtbarkeit zur Unwirksamkeit führt und dass § 15 HGB bei der Beweisführung nicht hilft (Brandbg Urt v 23.7.19 – 3 U 31/18 Rz 28, 30): Auf eine nicht eingetragene Vertretungsbefugnis kann sich die nachweispflichtige Partei nicht berufen (§ 15 I HGB), eine unrichtige oder unrichtig gewordene und deshalb zu korrigierende Eintragung ist nicht von § 15 II HGB erfasst, weil die Vorschrift voraussetzt, dass die Eintragung mit der wahren Rechtslage übereinstimmt, denn die Vorschrift fingiert keine Richtigkeit einer unrichtigen Eintragung (E...