Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Rn 6
Die Einholung von Fremdauskünften ist auch zulässig, wenn eine Vollstreckung in die in dem Vermögensverzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führt. Gefordert ist hier eine Prognoseentscheidung. Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der abgegebenen Vermögensauskunft sind indes nicht notwendig (BGH NJW 15, 2509; zuletzt LG Aachen DGVZ 15, 113; AG Nürnberg DGVZ 15, 132).
Rn 7
Die Norm zieht ähnliche Voraussetzungen wie § 806a I heran. Allerdings ist dort erforderlich, dass der Gerichtsvollzieher mit einer Pfändung beauftragt ist, während bei § 802l auch vor einem Pfändungsantrag Drittauskünfte eingeholt werden können, da der Gläubiger frei in der Wahl und Kombination der in § 802a aufgeführten Möglichkeiten ist. Freilich muss dem Antrag auf Drittauskünfte derjenige auf Abgabe der Vermögensauskunft vorangehen, und die Vermögensauskunft muss auch abgegeben worden sein, denn tatbestandlich knüpft die Norm daran an. Die Informationen ersparen also dem Gläubiger nicht die Einleitung eines Verfahrens auf Abgabe einer Vermögensauskunft und eidesstattlichen Versicherungen, sondern folgen dieser nach. Der Gläubiger hat insofern nach Abgabe der Vermögensauskunft die Wahl, sofort zu pfänden oder zunächst Drittauskünfte einzuholen. Führt das, was sich aus der Vermögensauskunft ergibt, voraussichtlich nicht zur vollständigen Gläubigerbefriedigung, ermöglicht die Norm, die Vermögenssituation des Schuldners anhand anderer (objektiver) Informationsquellen zu überprüfen, um (weitere) geeignete Vollstreckungsobjekte aufzufinden (BTDrs 16/10069, 32). Die Norm greift insofern in dieser Alternative auch die Gefahr auf, dass der Schuldner Vermögenswerte verheimlicht (vgl Seip DGVZ 06, 1, 4) und sich das Vermögensverzeichnis deshalb als unergiebig erweist. Von einer nicht vollständigen Gläubigerbefriedigung ist auszugehen, wenn die abgegebene Vermögensauskunft pfändbare Gegenstände nicht in dem Umfang ergibt, dass ein Verwertungsüberschuss, der zur Befriedigung des Gläubigers führt, zu erwarten ist (AG Kaiserslautern JurBüro 16, 441). Der Gläubiger muss dafür konkret dartun, warum sich aus den Angaben des Vermögensverzeichnisses für ihn keine Befriedigung erwarten lässt (LG Krefeld JurBüro 17, 545). Das hängt entscheidend auch von der Höhe und Art der individuell zu vollstreckenden Forderung ab, weshalb eine einfache Bezugnahme auf die Eintragungen im Vollstreckungsportal nicht ausreichen (AG Schwerin DGVZ 17, 92).
Rn 8
Da die Norm tatbestandlich (nur) eine abgegebene Vermögensauskunft voraussetzt, muss keine Identität zwischen dem Gläubiger, der die Vermögensauskunft und demjenigen, der die Einholung von Drittauskünften beantragt hat, bestehen. Ein isolierter Antrag eines Folgegläubigers nach § 802l I S 1, Alt 2 ist aber nicht schon deswegen zulässig, weil der Schuldner wegen nicht zu erwartender vollständiger Befriedigung eines anderen Gläubigers in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wurde (Walker DGVZ 20, 61, 64; AG Kaiserslautern v 19.2.16 – 4 M 122/16; AG Euskirchen v 22.1.15 – 11 M 156/15; LG Stuttgart v 22.2.19 – 10 T 61/19 Rz 9). Der isolierte Antrag auf Drittauskunft ist aber dann zulässig, wenn der Folgegläubiger Kenntnis vom Inhalt des bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses hat und daher darlegen kann, dass auch seine vollständige Befriedigung nicht zu erwarten ist (Walker DGVZ 20, 61, 64; AG Kaiserslautern v 19.2.16 – 4 M 122/16; LG Oldenburg v 14.7.14 – 6 T 489/14; AG Schwerin v 2.3.17 – 50 M 602/17). Dieses Vorgehen kommt insb in Betracht, wenn eine dem Gläubiger erteilte Abschrift (§ 802d I 2) aus einem Vermögensverzeichnis keine hinreichenden Vermögenswerte ergibt. In diesem Fall hat der Gläubiger wegen der Sperrwirkung des § 802d keine eigene Möglichkeit, eine aktuelle Vermögensauskunft einzuholen. Dennoch müssen ihm die Drittdaten zur Verfügung stehen. Der Gläubiger kann dann die Drittauskünfte auch zur Aktualisierung der Vermögensauskunft nutzen (Mroß DGVZ 12, 177).