Rn 4

Die Fremdauskunft ist nur zulässig, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt (Rn 5) oder dieser Pflicht zwar nachkommt, aber eine Vollstreckung in die dort genannten Gegenstände keine (vollständige) Gläubigerbefriedigung erwarten lässt (Rn 6). Bei isolierter Beantragung der Fremdauskunft hat der Gläubiger vorzutragen, nach welcher der Alt des § 802l I S 1 sich die Berechtigung zur Einholung von Drittauskünften ergibt (BGH NJW-RR 19, 1079 [BGH 16.05.2019 - I ZB 79/18]). Zur Stellung der Fremdauskunft im Ablauf der Vollstreckung s.a. § 802a Rn 3.

1. Nichtabgabe der Vermögensauskunft (Alt 1).

 

Rn 5

Die Einholung einer Fremdauskunft ist zulässig, wenn der Schuldner eine Vermögensauskunft nicht abgibt. Die Abgabe der Vermögensauskunft obliegt dem Schuldner nach näherer Maßgabe der §§ 802c, 802 f. Es müssen also die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben sein, ein entsprechender Antrag des Gläubigers vorliegen und ein Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft durch den Gerichtsvollzieher eingeleitet worden sein, wozu etwa auch gehört, dass der Schuldner nochmals zur Zahlung aufgefordert und entsprechend og Normen belehrt wurde (s näher §§ 802c, 802f) sowie zur Abgabe der Vermögensauskunft wirksam geladen wurde (AG Siegburg DGVZ 15, 40). Gibt der Schuldner dennoch die Vermögensauskunft nicht ab, kann er unter den näheren Voraussetzungen des § 802g verhaftet und unter den Voraussetzungen des § 882c I Nr 1 in das Schuldnerverzeichnis eingetragen werden. Außerdem führt die Nichtabgabe der Vermögensauskunft dazu, dass auf Antrag des Gläubigers Fremdauskünfte eingeholt werden können. Die Einholung von Dritteinkünften kann nicht mit einer nach altem Recht abzugebenden eidesstattlichen Versicherung begründet werden (Rn 23). Ein isolierter Antrag durch einen Folgegläubiger nach § 802l I S 1, Alt 1 ist nach überzeugender, aber umstrittener Auffassung zulässig (AG Heidelberg v 8.1.16 – 1 M 71/15; AG Gardelegen v 26.8.20 – 31 M 264/20; BeckOKZPO/Fleck § 802l Rz 13a.1; Rechtsbeschwerde anhängig unter BGH I ZB 53/20; aA LG Stralsund v 22.6.20 – 8 T 97/20; AG Essen v 5.5.20 – 30 M 970/20; Walker DGVZ 20, 61, 63; s.a. Rn 2, 8). Anderenfalls müsste der Folgegläubiger trotz vorliegender Auskunftsverweigerung des Schuldners erst die Auskunft nach § 802c beantragen, um dann – nach erneuter Weigerung des Schuldners – die Erhebung nach § 802l beantragen zu können. Dies wäre ein überflüssiger Umweg und widerspräche der effektiven und kostensparenden Durchsetzung der titulierten Forderung. Dem Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung wird dadurch Genüge getan, dass vor der Drittauskunft das Vermögensauskunftsverfahren nach § 802c betrieben wird. Die Pflicht des Schuldners zur Vermögensauskunft ist gegenüber jedem Gläubiger identisch, sodass aus der Verletzung dieser Pflicht für alle Gläubiger gleichermaßen das Recht zur Antragstellung nach § 802l folgen muss (BeckOKZPO/Fleck § 802l Rz 13a.1).

2. Aussicht nicht vollständiger Befriedigung trotz abgegebener Vermögensauskunft (Alt 2).

 

Rn 6

Die Einholung von Fremdauskünften ist auch zulässig, wenn eine Vollstreckung in die in dem Vermögensverzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führt. Gefordert ist hier eine Prognoseentscheidung. Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der abgegebenen Vermögensauskunft sind indes nicht notwendig (BGH NJW 15, 2509; zuletzt LG Aachen DGVZ 15, 113; AG Nürnberg DGVZ 15, 132).

 

Rn 7

Die Norm zieht ähnliche Voraussetzungen wie § 806a I heran. Allerdings ist dort erforderlich, dass der Gerichtsvollzieher mit einer Pfändung beauftragt ist, während bei § 802l auch vor einem Pfändungsantrag Drittauskünfte eingeholt werden können, da der Gläubiger frei in der Wahl und Kombination der in § 802a aufgeführten Möglichkeiten ist. Freilich muss dem Antrag auf Drittauskünfte derjenige auf Abgabe der Vermögensauskunft vorangehen, und die Vermögensauskunft muss auch abgegeben worden sein, denn tatbestandlich knüpft die Norm daran an. Die Informationen ersparen also dem Gläubiger nicht die Einleitung eines Verfahrens auf Abgabe einer Vermögensauskunft und eidesstattlichen Versicherungen, sondern folgen dieser nach. Der Gläubiger hat insofern nach Abgabe der Vermögensauskunft die Wahl, sofort zu pfänden oder zunächst Drittauskünfte einzuholen. Führt das, was sich aus der Vermögensauskunft ergibt, voraussichtlich nicht zur vollständigen Gläubigerbefriedigung, ermöglicht die Norm, die Vermögenssituation des Schuldners anhand anderer (objektiver) Informationsquellen zu überprüfen, um (weitere) geeignete Vollstreckungsobjekte aufzufinden (BTDrs 16/10069, 32). Die Norm greift insofern in dieser Alternative auch die Gefahr auf, dass der Schuldner Vermögenswerte verheimlicht (vgl Seip DGVZ 06, 1, 4) und sich das Vermögensverzeichnis deshalb als unergiebig erweist. Von einer nicht vollständigen Gläubigerbefriedigung ist auszugehen, wenn die abgegebene Vermögensauskunft pfändbare Gegenstände nicht in dem Umfang ergibt, dass ein Verwertungsüberschuss, der zur Befriedigung de...

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