Rn 1
Die Pfändung bewirkt zunächst die Verstrickung (Beschlagnahme) des gepfändeten Gegenstandes. Die Verstrickung ist ein hoheitlicher Zugriff auf die Sache, durch den sichergestellt werden soll, dass sich der Gläubiger aus der Sache befriedigen kann. Die Sache untersteht damit staatlicher Verfügungsmacht und ist privatrechtlichen Verfügungen gem §§ 135, 136 BGB entzogen. Gepfändete bewegliche Sachen werden zudem strafrechtlich über § 136 StGB geschützt. Die Verstrickung setzt sich an dem Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Sache (§§ 819, 825, 844) fort.
Rn 2
Die Entstehung der Verstrickung setzt die Wirksamkeit der Pfändung voraus. Dies erfordert nicht, dass die Pfändung nicht anfechtbar ist. Nur bei schweren und offenkundigen Fehlern ist die Pfändung nichtig und entfaltet keine Wirksamkeit. Die Nichtigkeit der Pfändung ist nicht heilbar; die Pfändung muss daher nach Behebung des Nichtigkeitsgrundes wiederholt werden. § 44 I VwVfG kann zur Beurteilung, ob die Beschlagnahme nichtig ist, herangezogen werden. Nichtigkeit liegt danach vor bei Fehlen eines vollstreckbaren Titels (BGHZ 70, 313, 317), bei der Vollstreckung gegen eine Person, die nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt (BGH NJW-RR 20, 1131 [BGH 02.07.2020 - VII ZA 3/19] Rz 15; Schuschke/Walker/Loyal § 803 Rz 4), bei Pfändung durch ein offensichtlich unzuständiges Organ (so bei Forderungspfändung durch GV oder Sachpfändung durch das Vollstreckungsgericht; für die Nichtigkeit genügt es aber zB nicht, dass der GV eine Sache aus dem Haftungsverband der Hypothek pfändet, s § 865 II; str, vgl § 865 Rn 18), bei Sachpfändung ohne Inbesitznahme oder ohne Kenntlichmachung der Pfändung oder bei Anschlusspfändung ohne wirksame Erstpfändung. Die Pfändung einer nicht dem Schuldner zustehenden Forderung (oder eines sonstigen Rechts) geht ins Leere und ist damit ebenfalls wirkungslos. Eine Forderungspfändung bedarf zu ihrer Wirksamkeit auch der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner (vgl § 829 Rn 53). Keine Nichtigkeit bewirken zB das Fehlen der Klausel (§§ 724 ff) oder der vorherigen Zustellung des Titels (§ 750 I) sowie die Nichtbeachtung besonderer Vollstreckungsvoraussetzungen (zB § 751) oder sonstiger Verfahrensvorschriften wie §§ 758–760, 803 II, 809, 811, 813. Der Verstoß gegen einfache Vollstreckungsvorschriften, wie zB Pfändungsverbote, führt nur zur Anfechtbarkeit der Pfändung, die der Schuldner mit Rechtsbehelfen geltend machen muss. Auch eine nach §§ 88, 89 InsO unwirksame Vollstreckung führt zur öffentlich-rechtlichen Verstrickung (BGH DGVZ 17, 238 Rz 14f). Zum Umfang der Verstrickung, der dem des Pfändungspfandrechts entspricht, vgl unten Rn 5.
Rn 3
Die Verstrickung endet entweder durch Entstrickung oder (vollständige) Beendigung der Zwangsvollstreckung, insb die Auskehrung des Erlöses an den Gläubiger (bei der Forderungspfändung durch die befreiende Leistung oder Aufrechnung des Drittschuldners). Bei der Pfändung körperlicher Sachen setzt eine Entstrickung voraus, dass der GV den Besitz an der Sache wieder aufgibt. Dazu muss er die Sache dem Schuldner zurückgeben oder das Pfandsiegel entfernen, wozu er auch den Schuldner ermächtigen kann. Nicht genügend ist, dass ein Gericht die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt; erforderlich ist vielmehr die Vollziehung dieser Entscheidung durch das zuständige Vollstreckungsorgan (§§ 775, 776). Auch in einem solchen Fall führt das eigenmächtige Entfernen des Pfandsiegels durch den Schuldner daher nicht zur Entstrickung. Auch die Freigabe durch den Gläubiger kann den hoheitlichen Zugriff auf die Sache nicht beenden, sie lässt aber das Veräußerungsverbot (§§ 135, 136 BGB) entfallen, weil dieser Schutz für den Gläubiger disponibel ist. Bei der Rechtspfändung kann die Entstrickung durch einseitigen Verzicht des Gläubigers erfolgen (§ 843). Sie endet zudem beim Arrest ohne Beteiligung des Vollstreckungsorgans durch Versäumung der Vollziehungsfrist (§ 929 II).