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Welche Erklärungen von der Prozessvollmacht erfasst sind, entscheidet sich im Einzelfall nach dem inneren Zusammenhang mit dem Gegenstand des Rechtsstreits und dem anzustrebenden Ziel, im Prozess zu obsiegen. Maßgebend ist, ob die Rechtshandlung sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits bezieht, weil sie der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung innerhalb des Prozesses dient, und sich der Prozessbevollmächtigte deshalb bei vernünftiger, wirtschaftlicher Betrachtungsweise angesichts des Zwecks seiner Beauftragung und dem (vor)prozessualen Streitstoff im Interesse seines Vollmachtgebers zu der Handlung als ermächtigt ansehen darf (BGH NJW 92, 1963; 03, 963, 964). Innerhalb dieser Grenzen sind daher umfasst: die Anfechtungserklärung (RGZ 48, 218), die Aufrechnung (BGHZ 31, 206, 209), die Rücktrittserklärung, auch soweit diese vorprozessual erklärt wurde (BGH NJW-RR 06, 279, 280), die Genehmigung und die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten (Musielak/Voit/Weth § 81 Rz 8). Die Prozessvollmacht zur Geltendmachung eines Anspruchs, dem eine Kündigung vorauszugehen hat, ermächtigt zur Kündigung (BAG NJW 88, 2691, 2693 [BAG 21.01.1988 - 2 AZR 581/86] für den Kündigungsschutzprozess), die Prozessvollmacht des Beklagten zur Entgegennahme der Kündigung (BGH NJW-RR 00, 745 [BGH 23.02.2000 - XII ZR 77/98] für die Räumungsklage) oder eines Mieterhöhungsverlangens (BGH NJW 03, 963, 964 [BGH 18.12.2002 - VIII ZR 72/02]). In der Regel wird dies bedeutsam für einseitige Rechtsgeschäfte wie Anfechtung, Genehmigung, Aufrechnung, Kündigung, Widerruf und damit für die Ausübung von Gestaltungsrechten, von denen die Geltendmachung oder Durchsetzbarkeit der streitbefangenen Forderung abhängt (BGH Rpfleger 94, 29 [BGH 13.07.1993 - III ZR 82/92]). Soweit Gestaltungsrechte von mehreren gemeinsam auszuüben sind, ermächtigt die Prozessvollmacht nicht ohne weiteres zur Abgabe der Erklärung auch für den nicht am Prozess beteiligten weiteren Vertragspartner (Karlsr Urt v 15.12.15 – 17 U 145/14 Rz 47f). Auch die Befugnis zu einem außergerichtlichen Vergleich ist von der Prozessvollmacht erfasst (hM BAG NJW 63, 1469 [BAG 28.03.1963 - 2 AZR 379/62]; St/J/Jacoby § 81 Rz 11; MüKoZPO/Toussaint § 81 Rz 11), solange der Regelungsinhalt des Vergleichs nicht über den Streitgegenstand hinausgeht und zum damaligen Zeitpunkt bereits im Streit befangen war (BayObLG NJW-RR 99, 235, 236 [BayObLG 05.11.1998 - 2 ZBR 147/98]; Musielak/Voit/Weth § 81 Rz 8; aA Zö/Althammer § 81 Rz 11; B/L/H/A/G/Weber § 80 Rz 21: nicht im Regelfall). Diese Grenze ist überschritten, wenn die Klage auf Herausgabe der Nutzungen durch den Nießbraucher gerichtet ist, im Vergleich aber auf den Nießbrauch selbst verzichtet wird (BGH NJW 92, 1963, 1964). Auf den konkreten Rechtsstreit bezogene Gerichtsstandsvereinbarungen sind ebenso möglich wie Vereinbarungen über das anwendbare Recht (St/J/Jacoby § 81 Rz 10; Zö/Althammer § 81 Rz 11).