Rn 76

Die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne Weiteres auch auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen. Einer gesonderten Neben- oder Hilfspfändung bedarf es dazu nicht (BGH NJW-RR 03, 1555, 1556 [BGH 18.07.2003 - IXa ZB 148/03]; NJW 12, 539 [OLG Stuttgart 17.10.2011 - 5 U 43/11] Rz 8). Unselbständige Rechte sind nicht selbständig pfändbar (BGH NJW 17, 3525 [BGH 19.09.2017 - VII ZB 64/14]). Bei Pfändung eines Kaufpreisanspruchs ist das Pfandrecht auf den Auszahlungsanspruch gegen den Notar als Nebenrecht zu erstrecken (BGH DNotZ 16, 957 [BGH 09.06.2016 - V ZB 37/15]; s.a. Rn 74). Auch nach Pfändung und Überweisung eines Kaufpreisanspruchs bestehen keine Auskunftsrechte gegen den mit dem Vollzug des Kaufvertrags beauftragten Notar, die mitgepfändet sein könnten (LG Bremen JurBüro 20, 556). Beschlagnahmt werden auch die Ansprüche auf Zinsen einschl der Verzugszinsen. Rückständige Zinsen werden entspr dem Gedanken aus § 1289 BGB nur verstrickt, wenn der Pfändungsbeschluss sie eindeutig erfasst (Ddorf WM 84, 1431; Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Plücker § 829 Rz 64; PWW/Nobbe § 1289 Rz 1; aA St/J/Würdinger § 829 Rz 80). Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, kann eine ausdrückliche Mitpfändung sinnvoll sein (Stöber/Rellermeyer Rz B.364). Hypotheken werden nicht als Nebenrechte, sondern nach § 830 gepfändet.

 

Rn 77

Unselbständige Nebenrechte idS sind neben den in § 401 BGB genannten Rechten auch solche Hilfsrechte, die zur Geltendmachung oder Durchsetzung einer Forderung erforderlich sind (BGH NJW 12, 434 Rz 14). Es handelt sich etwa um rechtsgeschäftliche und gesetzliche Pfandrechte, zum Faustpfand vgl § 838, den Anspruch gegen den Bürgen (BGH NJW 72, 437, 439 [BGH 24.11.1971 - IV ZR 71/70]; PWW/Müller § 401 Rz 2) sowie die Rechte aus einer Vormerkung (BGH NJW 94, 2947, 2948 [BGH 17.06.1994 - V ZR 204/92]). Legitimationsurkunden werden von der Pfändung erfasst (Musielak/Voit/Flockenhaus § 829 Rz 21). Zu diesen unselbständigen Nebenrechten gehören auch die Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung gem den §§ 666, 675 BGB, welche zur Feststellung des Gegenstands und des Betrags des Hauptanspruchs dienen (BGH NJW-RR 03, 1555, 1556 [BGH 18.07.2003 - IXa ZB 148/03]; NJW 06, 217 [BGH 08.11.2005 - XI ZR 90/05] Rz 14; NJW 13, 539 Rz 8), außerdem der Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem § 259 II BGB (BGH NJW 88, 2729 [BGH 08.06.1988 - IVa ZR 57/87]). Bei der Lohnpfändung stellt der Anspruch auf Lohnpfändung einen solchen unselbstständigen Nebenanspruch dar, wenn die Abrechnung erforderlich ist, um die Lohnzahlung geltend machen zu können (BGH NJW 13, 539 Rz 9). Gepfändet werden die angeblichen Ansprüche auf Lohnabrechnung. Die Mitpfändung der Nebenansprüche kann das Vollstreckungsgericht klarstellend aussprechen (BGH NJW 13, 539 Rz 12). Die Ansprüche auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c II HGB und auf Vorauszahlung nach § 887 II stellen unselbständige Nebenrechte zum Provisionsanspruch des Handelsvertreters dar, die nicht selbständig pfändbar sind (BGH NJW 17, 3525 [BGH 19.09.2017 - VII ZB 64/14] Rz 13).

 

Rn 78

Von den mitgepfändeten unselbständigen Auskunftsansprüchen sind die vollstreckungsrechtlichen Auskunfts- und Herausgabeansprüche gegen den Schuldner nach § 836 III 1 und 3 (§ 836 Rn 16 ff) sowie die Auskunftsobliegenheit des Drittschuldners gem § 840 (BGH NJW 13, 539 Rz 10) zu unterscheiden. Danach herauszugeben sind Beweisurkunden über den Bestand der Forderung bzw zur Ermittlung oder dem Nachweis ihrer Höhe, Fälligkeit und Einredefreiheit (BGH NJW 03, 1256 [BGH 14.02.2003 - IXa ZB 53/03]; 07, 606 [BGH 20.12.2006 - VII ZB 58/06] Rz 5).

 

Rn 79

Selbständige Rechte müssen selbständig gepfändet werden. Der selbstständige Auskunftsanspruch des Kontoinhabers auf Erteilung von Kontoauszügen und Rechnungsabschlüssen geht im Gegensatz zum unselbständigen Nebenanspruch nicht auf den Pfändungsgläubiger über (BGH NJW 06, 217 [BGH 08.11.2005 - XI ZR 90/05] Rz 16). Selbständige Sicherungsrechte, wie eine Grundschuld, der Eigentumsvorbehalt, das Sicherungseigentum oder eine zur Sicherung abgetretene Forderung, werden ebenfalls nicht von der Pfändung erfasst (Zö/Herget § 829 Rz 20). Der Auskunftsanspruch aus § 51a GmbHG ist nicht als Nebenrecht mitgepfändet und nicht pfändbar (BGH ZInsO 13, 1144 Rz 11).

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