Rn 23
Die zu pfändende Forderung darf keinem Pfändungsverbot oder keiner Pfändungsbeschränkung unterliegen. Dies gilt insb für sozialrechtliche Pfändungsverbote (§ 76 S 1 EStG zum steuerrechtlichen Kindergeld, vgl § 850 Rn 22; § 54 III SGB I insb zum Erziehungs- und Mutterschaftsgeld; § 54 IV SGB I bei laufenden Geldleistungen, BGH NZI 13, 194 [BGH 25.10.2012 - VII ZB 31/12]; § 54 V SGB I zum sozialrechtlichen Kindergeld). Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 42 IV 1 SGB II und Ansprüche auf Sozialhilfe gem § 17 I 2 SGB XII einschl der Leistungen nach dem AsylbLG (BSG NZS 18, 288) sind unpfändbar (zur Anrechnung nach § 850d BGHZ 224, 218). Bayerisches Familiengeld stellt eine Leistung gem § 10 I BEEG dar (BGH NJW-RR 20, 882). Es ist nach § 399 Alt 1 BGB unpfändbar. Ein Verstoß gegen ein Pfändungsverbot führt nicht zur Nichtigkeit des Pfändungsbeschlusses, sondern nur zur Anfechtbarkeit. Der Beschl ist bis zur Aufhebung auf ein Rechtsmittel vom Schuldner und vom Drittschuldner zu beachten (BGH NJW-RR 09, 211 [BGH 23.10.2008 - VII ZB 16/08] Rz 7; Rn 65).
Rn 24
Nach den Regeln des Völkerrechts darf auch bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen einen fremden Staat nicht auf die seiner diplomatischen Vertretung zur Wahrnehmung ihrer amtlichen Funktion dienenden Forderungen zugegriffen werden, sofern dadurch die Erfüllung der diplomatischen Tätigkeit beeinträchtigt werden könnte (BGH NJW-RR 06, 425, 426 [BGH 04.10.2005 - VII ZB 8/05]; 07, 1498 [BGH 04.07.2007 - VII ZB 6/05]).
Rn 25
Da die Konsequenzen einer gepfändeten und überwiesenen Forderung in vieler Hinsicht einer Übertragung durch Abtretung entspr, ist eine Forderung nach § 851 I regelmäßig nur insoweit pfändbar, wie sie abgetreten werden kann. Dahinter steht der allerdings nicht bis in die letzte Konsequenz umgesetzte Grundgedanke eines Gleichlaufs von Pfändbarkeit und Abtretbarkeit (§ 851 Rn 1 f). Eine wesentliche Einschränkung erfährt diese Leitvorstellung durch § 851 II. Damit Schuldner und Drittschuldner nicht über die Vollstreckung disponieren können, wirken sich danach vertragliche Abtretungsverbote nicht auf die Pfändbarkeit aus (§ 851 Rn 18 ff).
Rn 26
Für die Pfändung laufender Arbeitseinkommen und wichtiger gleichgestellter Einkünfte stellen die §§ 850 ff substanzielle Pfändungsverbote und -beschränkungen auf. Ihr primäres Ziel besteht darin, das Existenzminimum des Schuldners und seiner Familie zu sichern. Darüber hinaus wird etwa auch ein Interessenausgleich zwischen Schuldner und Gläubiger gewährleistet und das öffentliche Interesse vor einer Inanspruchnahme der Sozialsysteme geschützt.
Rn 27
Ansprüche auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen sowie auf Steuervergütungen können nach § 46 VI AO nicht beim Finanzamt – anders beim Arbeitgeber – gepfändet werden, bevor sie entstanden sind. Als Ziel soll die Finanzverwaltung geschützt werden. Verboten ist lediglich, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vor der Anspruchsentstehung zu erlassen (St/J/Würdinger § 829 Rz 9). Der Beschl darf bereits zuvor vorbereitet, dh vom Gläubiger beantragt und vom Rechtspfleger unterzeichnet, aber noch nicht zum Zwecke der Beförderung der Poststelle übergeben werden (BFH NJW 91, 1975f [BFH 24.07.1990 - VII R 62/89]).