Gesetzestext
Die Pfändung des Guthabens eines Kontos bei einem Kreditinstitut umfasst das am Tag der Zustellung des Pfändungsbeschlusses bei dem Kreditinstitut bestehende Guthaben sowie die Tagesguthaben der auf die Pfändung folgenden Tage.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes v 7.7.09 eingefügt (BGBl I, 1707) und zum 1.7.10 in Kraft getreten. Mit Wirkung zum 1.1.12 ist die Vorschrift durch Art 7 dieses Gesetzes geändert worden. Der bisherige Abs 2 geht mit seinem wesentlichen Inhalt in die neue Fassung von § 850l über.
Rn 2
Im Gesamtsystem des Kontopfändungsschutzrechts kommen § 833a wesentliche Aufgaben zu. Die Vorschrift datiert die Pfändung und konkretisiert die zeitliche Reichweite des Pfändungspfandrechts. Sein Ziel ist eine verallgemeinernde und vereinheitlichende Bestimmung des Pfändungsumfangs bei gegenwärtigen und künftigen Forderungen. Diese Regelung ist Teil des allgemeinen Forderungspfändungsrechts und nicht Ausdruck eines sozialen Pfändungsschutzes. Die Umfangbestimmung erleichtert dem Gläubiger die Antragstellung, dem Gericht die Entscheidung sowie dem Drittschuldner die Beachtung des Pfändungsbeschlusses und schafft letztlich auch für den Schuldner eine verlässliche Grundlage. Hinter diese vollstreckungsrechtliche Zweckbestimmung haben abweichende bankvertragliche Gewohnheiten zurückzutreten, denen nötigenfalls ein verändertes Gerüst gegeben werden muss.
B. Umfang der Pfändung (Abs 1).
I. Voraussetzungen.
Rn 3
Der sachliche Anwendungsbereich der Norm erfasst alle Arten von Konten, also insb Giro- und Sparkonten (BTDrs 16/7615, 16). Die Zweckrichtung und Art der Forderung sind unerheblich, weswegen das Konto weder allg dem Zahlungsverkehr noch speziell als Lohn- oder Gehaltskonto dienen muss. Eine teleologische Reduktion scheidet aus. Von der Bestimmung sind deswegen auch Pfändungsschutzkonten betroffen (BGH NZI 17, 892 [BGH 21.09.2017 - IX ZR 40/17] Rz 11; AG Essen NZI 18, 671 [AG Essen 01.08.2018 - 163 IK 206/15]; St/J/Würdinger § 833a Rz 4; HK-ZV/Bendtsen § 833a Rz 3; B/L/H/A/G/Nober § 833a Rz 3). Es kann sich auch um ein Geschäftskonto handeln.
Rn 4
Nicht ausdrücklich verlangt wird ein Konto des Schuldners, wodurch sich die Regelung von § 850k I aF und den §§ 850k I, 850l I nF unterscheidet. Dennoch wird nur ein Konto des Schuldners in Betracht kommen, weil er lediglich dann einen eigenen pfändbaren Auszahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut erlangen kann. Schuldner können alle Rechtsträger sein, neben den natürlichen Personen insb auch juristische Personen, argumentum e contrario zu § 850k VII 1 (St/J/Würdinger § 833a Rz 4). Der Schuldner muss aber nicht alleiniger Kontoinhaber sein. Geschützt sind sowohl ›Und-‹ als auch ›Oder-Konten‹ (Wieczorek/Schütze/Lüke § 833a Rz 3). Der Pfändungsumfang nach Abs 1 ist für sämtliche Konten des Schuldners zu bestimmen.
Rn 5
Für den Umfang der Pfändung wird die Person des Schuldners nicht näher qualifiziert. Als Teil des allgemeinen Forderungspfändungsrechts gilt diese Regelung ggü jedem Schuldner. Anders als Abs 2 ist ihr Anwendungsbereich nicht auf natürliche Personen beschränkt. Die Regelung gilt deswegen auch, wenn das Konto einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit gepfändet wird.
Rn 6
Das Konto muss bei einem Kreditinstitut geführt werden. Die Begriffsbestimmung ergibt sich aus § 1 I KWG. Dies schließt zunächst Banken, auch die Postbank (LG Bad Kreuznach Rpfleger 90, 216 [OLG Köln 18.12.1989 - 2 W 179/88]), Sparkassen und Kreditkartenunternehmen ein. Betroffen sind außerdem Kreditgenossenschaften, Realkreditinstitute (Hypothekenbanken), Bausparkassen und Kapitalanlagegesellschaften (Investmentgesellschaften). Keine Kreditinstitute sind die in § 1 Ia KWG aufgeführten Finanzdienstleistungsinstitute, wie Anlage- und Abschlussvermittler von Finanzinstrumenten sowie Finanzportfolioverwalter, außerdem die in § 2 I KWG aufgezählten Unternehmen, also insb Versicherungen. Die Zahlstelle einer Haftanstalt ist ebenfalls ausgeschlossen (LG Berlin Rpfleger 92, 138), weil sie keine gewerbsmäßigen Bankgeschäfte tätigt.
II. Verfahren.
Rn 7
Der Gläubiger muss das Konto nach den §§ 829 ff pfänden. Der Pfändungsbeschluss muss durch das zuständige Vollstreckungsgericht (§ 828 Rn 7 f) und dort durch den Rechtspfleger, § 20 Nr 17 RPflG, erlassen werden. Im Wesentlichen gelten die allgemeinen Bestimmtheitsanforderungen (§ 829 Rn 46 ff). Im Beschl sind daher die Drittschuldnerin, die Art des Kontos und die Kontonummer bzw die IBAN (insoweit aA Wieczorek/Schütze/Lüke § 833a Rz 4) anzugeben. Die Forderung kann als Guthaben oder Tagesguthaben bezeichnet werden. Die Pfändung sämtlicher Guthaben bei der Drittschuldnerin ohne Angabe der Kontobezeichnungen ist zu unbestimmt (aA Goebel Rz 53). Wirksam wird der Beschl mit Zustellung an den Drittschuldner, § 829 III.
III. Pfändungsumfang.
1. Bestehende Guthaben.
Rn 8
Im Kontokorrent sind nach bisheriger Rechtslage die Pfändung des gegenwärtigen Saldos, die Pfändung künftiger Saldoforderungen und die Pfändung der Ansprüche aus dem Kontokorrentverhältnis zu unterscheiden (Stöber/Reller...