Gesetzestext
(1) Die Überweisung ersetzt die förmlichen Erklärungen des Schuldners, von denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Berechtigung zur Einziehung der Forderung abhängig ist.
(2) Der Überweisungsbeschluss gilt, auch wenn er mit Unrecht erlassen ist, zugunsten des Drittschuldners dem Schuldner gegenüber so lange als rechtsbeständig, bis er aufgehoben wird und die Aufhebung zur Kenntnis des Drittschuldners gelangt.
(3) 1Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. 2Erteilt der Schuldner die Auskunft nicht, so ist er auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, sie zu Protokoll zu geben und seine Angaben an Eides statt zu versichern. 3Der gemäß § 802e zuständige Gerichtsvollzieher lädt den Schuldner zur Abgabe der Auskunft und eidesstattlichen Versicherung. 4Die Vorschriften des § 802 f Abs. 4 und der §§ 802g bis 802i, 802j Abs. 1 und 2 gelten entsprechend. 5Die Herausgabe der Urkunden kann von dem Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt werden.
A. Normzweck.
Rn 1
Die zentralen Folgen der Überweisung regelt § 835. Die Überweisung zur Einziehung begründet eine Einziehungsbefugnis des Gläubigers und die Überweisung an Zahlungs statt überträgt die Forderung auf den Gläubiger. Die weiteren Wirkungen der Überweisung konkretisiert § 836 in mehrfacher Hinsicht, in Abs 1 für die Abgabe förmlicher Erklärungen des Schuldners als spezifische Voraussetzungen einer Forderungsübertragung, in Abs 2 für die Schutzwirkungen der Übertragung und damit den Vertrauensschutz in den Bestand der hoheitlichen Maßnahme bei einer Leistung des Drittschuldners und schließlich in Abs 3 für den Übergang und die Geltendmachung von Nebenrechten.
Rn 2
Während Abs 1 nahezu funktionslos ist, balancieren die weiteren Regelungen das bei der Überweisung bestehende Dreiecksverhältnis zwischen Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner aus. Dabei schützt Abs 2 zunächst den Drittschuldner, sodann aber auch den Schuldner, und Abs 3 den Gläubiger. Parallelen zu diesen verfahrensrechtlichen Regeln bestehen in den §§ 407 ff sowie § 402 BGB.
B. Materiell-rechtliche Formerfordernisse (Abs 1).
Rn 3
Nach Abs 1 ersetzt die Überweisung förmliche Erklärungen des Schuldners. Da die Forderungsübertragung nach materiellem Recht grds formfrei wirksam ist, besitzt Abs 1 lediglich einen geringen Anwendungsbereich. Ersetzt werden die Formerfordernisse bei der Abtretung der Hypothekenforderung aus § 1154 BGB, nach den §§ 13 f HintO sowie die vormundschaftliche Genehmigung gem § 1821 BGB (Wieczorek/Schütze/Lüke § 836 Rz 3). Außerdem ersetzt Abs 1 die in den Art 18 WG und Art 23 ScheckG verlangte Form für das Inkassoindossament, ohne damit ein Vollindossament gem Art 43 WG zu schaffen, denn der Gläubiger soll vor Rückgriffsansprüchen geschützt werden (ThoPu/Seiler § 836 Rz 1).
C. Schutz des Drittschuldners (Abs 2).
I. Anknüpfung.
Rn 4
Der Drittschuldner befindet sich bei der Pfändung in einer Situation, die der bei einer Abtretung ähnelt. Deswegen ähnelt der in § 836 II geregelte Gutglaubensschutz dem des Abtretungsrechts aus den §§ 407, 409 BGB (G/S/B-E § 55 Rz 43). Bei einer wirksamen Überweisung kann der Drittschuldner nur noch ggü dem Gläubiger erfüllen. Der Drittschuldner wird deswegen nach Abs 2 in seinem Vertrauen auf die Wirksamkeit des ihm zugestellten (BGH NJW 76, 1453, 1454) Überweisungsbeschlusses geschützt, wenn er an den Gläubiger zahlt, bevor der Drittschuldner Kenntnis von der Aufhebung der Entscheidung erlangt hat (BGH NJW 76, 1453 f [BGH 09.06.1976 - VIII ZR 19/75]; Musielak/Voit/Flockenhaus § 836 Rz 3). Geht der Drittschuldner umgekehrt davon aus, ein tatsächlich wirksamer Überweisungsbeschluss sei unwirksam oder aufgehoben, wird er nicht geschützt (G/S/B-E § 55 Rz 44).
Rn 5
Erforderlich ist die Regelung jedoch nur bei einem unwirksamen oder einem aufgehobenen Überweisungsbeschluss (die Entscheidung des BAG NJW 90, 2641, 2643 [BAG 16.05.1990 - 4 AZR 145/90], die allein auf die Aufhebung abstellt, ist insoweit überholt). Leistet der Drittschuldner auf einen fehlerhaften, aber nicht aufgehobenen Beschl, wird er bereits nach den allgemeinen Regeln befreit (MüKoZPO/Smid § 836 Rz 4).
Rn 6
Gesetzlicher Regeltatbestand ist ein fehlerhafter und damit anfechtbarer Überweisungsbeschluss, der angefochten und aufgehoben sein muss. Obwohl damit das Einziehungsrecht des Vollstreckungsgläubigers entfallen ist, darf der Drittschuldner dennoch solange mit befreiender Wirkung an den Titelgläubiger leisten, wie er keine Kenntnis von der Aufhebung erlangt hat. Seine Privilegierung entfällt bei jeglicher Kenntniserlangung, sei es durch Vorlegung der Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung, sei es durch formlose Mitteilung. Im letztgenannten Fall muss der Drittschuldner die Richtigkeit der Mitteilung prüfen (Wieczorek/Schütze/Lüke § 836 Rz 10). Ist die Zwangsvollstreckung vor der Aufhebung eingestellt, genügt die Kenntnis von der Einstellung (St/J/Würdinger § 836 Rz 3). Im Prozess muss der Kläger die Kenntnis darlegen und beweisen, im Einziehungsproze...