1. Bevollmächtigter.
Rn 10
Zugerechnet wird das Verschulden des Bevollmächtigten. Dies ist jeder von der Partei bestellte rechtsgeschäftliche Vertreter, der für sie eigenverantwortlich in einem Rechtsstreit tätig werden soll (BGH VersR 84, 239), ohne dass der Anwendungsbereich auf Rechtsanwälte beschränkt wäre. Es sind die von der Partei selbst oder von ihrem Prozessbevollmächtigten beauftragten und mit einer Prozessvollmacht versehenen Bevollmächtigten einschließlich des von der Haftpflichtversicherung für die Partei bestellten Anwalts (BGH NJW 91, 1177; aber keine Anwendung im Verhältnis zu einem Mitversicherten, BGH NJW-RR 99, 1470). Auf die Postulationsfähigkeit kommt es nicht an (BGH VersR 83, 1082, 1083; 88, 2672, 2673; 94, 1841; 01, 1575; FamRZ 98, 1506), weshalb auch das Verschulden des Generalbevollmächtigten zurechenbar sein kann (BGH VersR 85, 1185, 1186 [BGH 10.07.1985 - IVb ZB 102/84]). Bevollmächtigte iSv Abs 2 sind ferner der Verkehrsanwalt/Korrespondenzanwalt (BGH NJW 82, 2447; NJW-RR 91, 91 [BGH 26.09.1990 - VIII ZB 24/90]; 95, 839 [BGH 12.04.1995 - XII ZB 50/95]; NJW 97, 3245 [BGH 05.06.1997 - X ZB 2/97]), der Zustellungsbevollmächtigte (St/J/Jacoby § 85 Rz 11; Zö/Althammer § 85 Rz 17), der Instanzbevollmächtigte (BGH NJW 06, 2334) und der Kanzleiabwickler (§ 54 BRAO) sowie der nach § 53 BRAO bestellte allgemeine Vertreter (auch der Referendar) eines Rechtsanwalts (Musielak/Voit/Weth § 85 Rz 12; Zö/Althammer § 85 Rz 18) einschließlich des Urlaubsvertreters (BGH NJW 01, 1575 [BGH 06.02.2001 - XI ZB 14/00]). Dies gilt aber nur dann, wenn der in der Bestellung genannte Vertretungsfall vorliegt (BGH Beschl v 5.5.82 – VIII ZB 4/82). Bevollmächtigte sind ferner die mit einem Rechtsanwalt in einer Sozietät verbundenen Anwälte, wenn nicht nur ein einzelnes Sozietätsmitglied mandatiert wurde (BGH NJW 94, 257, 258; 95, 1841), wie bspw bei einer Bestellung als Notanwalt oder der Beiordnung im PKH-Verfahren (BGH NJW 91, 2294 [BGH 07.05.1991 - XII ZB 18/91]), wenngleich auch in solchen Fällen das Mandat allen Sozietätsmitgliedern erteilt werden kann (Köln MDR 93, 478 [OLG Köln 08.03.1993 - 19 W 5/93]). Dies gilt idR auch für später hinzutretende Mitglieder (BGH NJW 94, 257, 258) und auch für die Sozietätsmitglieder, die bei dem Gericht, vor dem die Handlung vorzunehmen ist, nicht zugelassen sind (BGH NJW 94, 257, 258; NJW 95, 1841). Für die Einbeziehung ist unabhängig von der tatsächlichen Stellung das Auftreten nach außen als Sozietätsmitglied entscheidend (BGH NJW 94, 257, 258 [BGH 05.11.1993 - V ZR 1/93] für eine freie Mitarbeiterin). Für eine Bürogemeinschaft gilt dies nicht (BGH VersR 79, 160). Hat eine Partei mehrere Bevollmächtigte (§ 84), haftet sie für jeden von ihnen (BGH NJW 03, 2100). Eine Zurechnung nach Abs 2 findet auch bei nicht anwaltlichen Vertretern statt, wie zB bei mit der Informationen des Anwalts beauftragten Familienangehörigen (BGH NJW-RR 95, 825 [BGH 07.03.1995 - VI ZB 3/95]) oder bei Personen, denen es die Partei überlassen hat, einen Rechtsanwalt mit der Führung des Prozesses oder der Einlegung eines Rechtsmittels zu beauftragen (BGH NJW-RR 01, 427, 428 [BGH 04.07.2000 - VI ZB 2/00]).
2. Hilfspersonen.
Rn 11
Ein von einem Rechtsanwalt eingeschalteter Unterbevollmächtigter fällt nur dann unter Abs 2, wenn ihm die Sache zur selbstständigen Bearbeitung in voller anwaltlicher Verantwortung übertragen wurde und er deshalb eine nicht nur untergeordnete Tätigkeit wahrnimmt (BGH VersR 84, 239, 240; 90, 874; NJW-RR 92, 1019, 1020; 04, 993 [BGH 27.01.2004 - VI ZB 39/03]). Die Grenzziehung im Einzelfall ist schwierig und soll von den konkreten Befugnissen des Mitarbeiters im Einzelfall und dessen Unterwerfung unter Weisungen abhängen. Das Auftreten in der mündlichen Verhandlung und die Unterzeichnung von Schriftsätzen kann ein Indiz dafür sein, nicht jedoch wenn sich diese Tätigkeit auf die vorherige Instanz bezog (BGH NJW-RR 92, 1019; 93, 892 [BGH 30.03.1993 - X ZB 2/93]). Eine Ausnahme gilt für Sozietätsmitglieder, bei diesen genügt auch ein Verschulden bei der Ausführung einer untergeordneten Tätigkeit (BGH NJW 95, 1841; NJW-RR 03, 995 [BGH 25.03.2003 - VI ZB 55/02]). Einem bloßen Terminsvertreter wird die Sache regelmäßig nicht zur selbstständigen Bearbeitung übertragen (BGH VersR 79, 255; NJW-RR 07, 356 [BGH 28.11.2006 - VIII ZB 52/06]). Nach diesen Maßstäben beurteilt sich auch, ob ein angestellter Anwalt oder ein als freier Mitarbeiter oder Urlaubsvertreter tätiger Anwalt Bevollmächtigter iSv Abs 2 ist (BGH NJW 96, 2939 [OLG Hamburg 21.12.1995 - 3 U 261/94]; 01, 1575 [BGH 06.02.2001 - XI ZB 14/00]). Der den Rechtsstreit selbstständig bearbeitende Assessor ist Bevollmächtigter (BGH NJW 04, 2901, 2902). Auf die Stellung innerhalb der Kanzlei, den Status und den Grund, warum die Person tätig wurde, kommt es nicht an (Zö/Althammer § 85 Rz 19; Musielak/Voit/Weth § 85 Rz 13). Auch der Zeitaufwand für die Tätigkeit ist grds unerheblich (Karlsr NJW-RR 00, 1519 [OLG Karlsruhe 14.05.1999 - 14 U 246/98]). Fehler des Stationsrefer...