Rn 9
Aufwandsentschädigungen gelten besondere Belastungen des ArbN ab, die nicht mit den regelmäßigen Bezügen vergütet werden. Sie betreffen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Tätigkeit notwendig werden, ohne bereits mit dem Tätigkeitsentgelt abgegolten zu sein. Die Entschädigungen stellen damit einen Ersatz für tatsächlich entstandenen Aufwand dar (St/J/Würdinger § 850a Rz 17), den der Empfänger aus seinem Vermögen erbracht hat oder noch erbringen muss. Durch die Unpfändbarkeit der Aufwandsentschädigung soll der Schuldner davor geschützt werden, dass ihm der Gegenwert für seine tatsächlichen Aufwendungen entzogen und ihm die Fortsetzung der Tätigkeit unmöglich gemacht wird (BGH NZI 17, 461). Noch nicht endgültig geklärt ist, wie eng der Zusammenhang mit dem Arbeitsentgelt nach § 850 II, III ausgestaltet sein muss. Jedenfalls kann der Zusammenhang in den Fällen der § 850a Nr 6 und 8 gelockert sein. Mehraufwandsentschädigungen ehrenamtlich Tätiger unterfallen Nr 3, wenn sie Aufwendungen abdecken, die der Ehrenamtler für eigene Zwecke, aber im Interesse der ehrenamtlichen Funktion tätigt (BGH NZI 17, 461), obwohl gerade kein Arbeitsentgelt entrichtet wird. Eine rein äußerliche Verbindung genügt nicht (vgl BGH ZInsO 18, 92 Rz 9).
Rn 10
Einzelfälle: Unerheblich ist, wie die Leistung bezeichnet wird. Erfasst werden etwa die Deckung des erhöhten persönlichen Bedarfs an Kleidung und Verzehr, einschl des Repräsentationsaufwands, Literatur, Schreibmittel und Versicherungen, außerdem der Ersatz für Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten, der Auslagen für die Reisevorbereitung sowie der Telefon- und Bürokosten, aber auch der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen (insg BGH NZI 17, 461). Die Entschädigung kann Reisekostenvergütungen, Reisespesen, Kilometergelder (LAG Düsseldorf DB 70, 256), Erstattungen für die Verwendung eines Pkw (aA Mock Forderungsvollstreckung, § 6 Rz 92), Tage- und Übernachtungsgelder (BAG DB 71, 1923), Trennungsgelder (BGH ZInsO 18, 92 Rz 9), Auslandsverwendungszuschläge nach § 2 AuslVZV (zur unterhaltsrechtlichen Behandlung BGH NJW 12, 2190 Rz 22), Umzugskostenentschädigungen (BGH ZInsO 18, 92 Rz 9), Mankogelder (Musielak/Voit/Flockenhaus § 850a Rz 4), Bekleidungszulagen sowie Mehraufwandsentschädigungen bei Ein-Euro-Jobs nach § 16d VII 1 SGB I betreffen (LG Dresden NJW-RR 09, 359 [LG Dresden 17.06.2008 - 3 T 233/08]; Harks Rpfleger 07, 588; vgl BSG NJW 09, 2478, 2479 [BSG 13.11.2008 - B 14 AS 66/07 R]). Die Aufwandsentschädigungen müssen getrennt vom Verdienst berechnet und der Höhe nach selbständig ausgewiesen sein (VG Ansbach InVO 08, 24, 26). Wenn nach dem Zahlungszweck der tatsächliche Aufwand entschädigt werden soll, kann die Zahlung pauschal und unabhängig von einem konkreten Aufwand zum Zahlungszeitpunkt erfolgen (BGH NZI 17, 461 [BGH 06.04.2017 - IX ZB 40/16]). Der Schuldner ist aber beweispflichtig für die Ersatzfunktion.
Rn 11
Um keine Aufwandsentschädigung iSd Norm handelt es sich, wenn die Tätigkeit selbst vergütet werden soll oder daraus der wesentliche Lebensunterhalt bestritten bzw ein Verdienstausfall abgegolten werden soll. Ist die Aufwandsentschädigung so hoch, dass der Entgeltcharakter im Vordergrund steht, ist die Zahlung nicht nach Nr 3 pfändungsgeschützt (BGH NZI 17, 461 [BGH 06.04.2017 - IX ZB 40/16]). Wird allgemein eine erhöhte Vergütung gezahlt, ist die Regelung unanwendbar. Keine Mehraufwandsentschädigung iSv § 16d VII 1 SGB II liegt vor, wenn eine Zahlung vom ArbG erbracht wird (BGH 14.5.2014, VII ZB 56/12). Geschützt sind nur die Bezüge von ArbN und Ein-Firmen-Vertretern iSd § 92a HGB. Der zur Deckung der Sachauslagen eines (Zahn)Arztes von der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung erhaltene Vergütungsanteil unterliegt nicht § 850a Nr 3 (BGHZ 96, 324, 329). Nicht erfasst werden die aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis resultierende Leistungen, wie Erstattungen für Repräsentations- und Fortbildungsaufwendungen des Betriebsrats- (BGH ZInsO 18, 92 Rz 10 ff; aA BAG AP Nr 3 zu § 40 BetrVG 1972; NZA 93, 189) oder Personalratsmitglieds (dazu aber § 851 Rn 21).
Rn 12
Zu den geschützten Forderungen gehören auch die Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich Tätige, wie Gemeinderatsmitglieder, Kreistagsabgeordnete (LG Dessau-Roßlau VuR 13, 67 [BGH 24.05.2012 - IX ZB 275/10]; aA LG Würzburg 12.11.09, 9 T 2518/09, juris – Ehrensold; der BGH hat diese Frage in seiner Rechtsbeschwerdeentscheidung vom 12.1.12, VII ZB 14/10, juris, offengelassen), ehrenamtliche Richter, einschl der Vergütungen für Volkszähler nach § 10 IX VZG (Ddorf NJW 88, 977) sowie eines Pharmazierats bei der Apothekenüberwachung (BGH NZI 17, 461 [BGH 06.04.2017 - IX ZB 40/16]). Dies gilt auch für eine ehrenamtliche Seniorenbetreuung (aA AG Heidelberg VuR 15, 69 mit insoweit krit Anm Kohte). Die Ansprüche eines Vorstandsmitglieds eines Anwaltsvereins auf Sitzungsgeld, Aufwandsentschädigung und -erstattung sind bei einer selbständigen freiberuflichen Tätigkeit nicht nach Nr 3 unpfändbar, sondern nur a...